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Für die Besetzerinnen ist klar, "dass nicht wenige Frauen an den Protesten gar nicht mehr teilnehmen würden, wenn es so etwas wie den besetzten Frauenraum nicht gäbe".

Foto: APA / HANS KLAUS TECHT

Der Weg in Richtung Audi Max an der Universität Wien letzte Woche bot - zumindest zu diesem Zeitpunkt - ein seltsames Bild. In den Räumlichkeiten gegenüber des Audimax, in denen provisorische "Verpflegungskammern" eingerichtet wurden, saßen drei Frauen und ein junger Mann um einen Tisch. Gemüse wurde geschnipselt und sonstige Nahrungsmittel verarbeitet. Einige Meter weiter im Audimax, dem Zentrum der studentischen Proteste der letzten Wochen, fand gerade ein Plenum statt. Auf der Bühne des großen Saals befand sich gerade ein Vierer-Trupp in dem die Geschlechterverhältnisse genau umgekehrt waren: Drei Burschen und eine Frau.

Ob diese Form der "Arbeitsteilung" sich über die gesamte Zeit der Proteste erstreckt, sei dahingestellt. Fakt ist, dass auf der Universität nicht nur bei dem mageren Professorinnen-Anteil und anderen prestigeträchtigen Positionen alles andere als Geschlechteregalität herrscht, sondern dass auch unter den Studierenden Sexismus evident ist. Im Rahmen der andauernden Studierenden-Proteste haben sich nun einige Frauen zusammengetan, damit die bei den Protesten vorgekommenen sexistischen Übergriffe nicht unter den Teppich gekehrt werden. Die an den Protesten beteiligten Frauen informierten über E-Mail und Flugzettel konkret über zahlreiche Beispiele: "Sexistische Wortmeldungen am Mikrophon während und nach dem Plenum", "Sexisten auf der Bühne, bei Reden, als Musiker...", "Vortragende sind fast ausschließlich männlich" oder "sexuelle Übergriffe im Schlafsaal".

Nur eine Regel

Um jenen Frauen einen Raum zu bieten, die sich unter solchen Umständen nicht über Stunden oder gar über Nacht im Audimax aufhalten wollen, wird seit letztem Dienstag 14:30 Uhr ein Raum besetzt, der als Frauenraum fungiert. Dass der Raum ausschließlich Frauen und Transgenderpersonen vorbehalten ist, soll allerdings die einzige Regel bleiben, so die Besetzerinnen gegenüber dieStandard.at. Dennoch: "Es gibt extreme Aggressivität, wenn es um einen reinen Frauenraum geht", so die Studentinnen, die von ungebetenen BesucherInnen erzählten, die nur vorbeikamen, um ihren Zorn gegen diesen Frauenraum kundzutun. "Es ist unfassbar, welchem Rechtfertigungsdruck man sofort ausgesetzt ist", und das, obwohl sich diese Aktion schlicht aus der Tatsache ergab, dass sich in der Nacht auf Dienstag Besetzerinnen im Audimax nicht mehr sicher fühlten.

Für die Besetzerinnen ist klar, "dass nicht wenige Frauen an den Protesten gar nicht mehr teilnehmen würden, wenn es so etwas wie den besetzten Frauenraum nicht gäbe". Dass Sexismus auch unter den Protestierenden, die sich doch größtenteils als Studierende mit ausgeprägtem politischen Bewusstsein verstehen dürften, ein großes Thema ist, wundert eine Studentin nicht: "Auch BesetzerInnen leben nicht außerhalb der Gesellschaft." Ihre Kolleginnen nicken zustimmend. Konsens herrscht unter den Besetzerinnen auch über die Frage der Verantwortung. "Es nervt, dass nur wir Frauen für diese Problematik zuständig sein sollen. Frauen wird erzählt, sie könnten doch das Wort bei einem Plenum ergreifen, oder wir hören dauernd 'macht doch einen Workshop'. Wir müssen gar nichts! Wir sind doch keine Missionarinnen oder sind verpflichtet, Männer aufzuzeigen, was sie falsch machen. Vielmehr sollten Männer mal anfangen zu überlegen, wie viel Platz und vor allem in welcher Weise sie diesen Platz einnehmen."

Auch gute Nachrichten

Aber es gibt auch gute Nachrichten. Während des Gespräches mit den Besetzerinnen kamen einige Frauen dazu, die im Audimax Diskussionen über diese Problematiken verfolgten. "Sehr gute Wortmeldungen und auch viel Unterstützung von Männern" hätte es gegeben. Auch die Unterstützung von vielen Lehrenden sei großartig, so die Studentinnen. Unterstützungsbekundungen für die Studentinnen gab es auch bereits von Seiten des Instituts für Internationale Entwicklung und vom Referat für Gender Forschung. (beaha, dieStandard.at, 2.11.2009)