Die Besetzung geht weiter - Ruhepausen inklusive.

Foto: Robert NEWALD

Der elfte Tag der Uni-Besetzung und es geht weiter. Heute fand um 14:00 eine "Strukturdebatte" im Wiener Audimax statt. Nach Eigendefinition ging es darum, "konkrete Vorschläge zu sammeln, wie wir unsere Selbst-Organisation strukturieren können, so das Kommunikation effektiver sowie Meinungsbildung und Entscheidungsfindung demokratischer und transparenter werden."

Um 15:00 war Sonja Grusch, bei den Nationalratswahlen 2008 Spitzenkandidatin der Linken, im Plenum zu Gast und redete über "Unikrise, Wirtschaftskrise, Rechtsextreme". Eine Stunde später wurde der Film "Here to stay" - ein Dokumentarfilm über Rassismus in Österreich - vorgeführt, mit einer anschließenden Diskussion mit dem Regisseur Markus Wailand.

Morgen sind ebenfalls einige Fixpunkte geplant: Unter anderem findet ein Vortrag von Christian Felber von attack statt, zu dem Thema: "Woher das Geld für die Bildung nehmen?". Gezeigt wird außerdem der Film "Gangster Girls", diverse Workshops und Diskussionsrunden sind ebenfalls geplant.

"Trauerfeier" an der Uni Graz

Die Uni Graz kündigt für morgen um 16:00 vor dem Hauptgebäude eine "Trauerfeier für die drei Verstorbenen 'Freier Hochschulzugang', 'qualitativ hochwertige Bildung' und 'Freiheit von Forschung und Lehre'" an. "Diese drei wichtigen Elemente des österreichischen Hochschulwesens sind in den letzten 10 Jahren verfehlter Bildungspolitik nach langer Krankheit von uns gegangen, so Susanne Zahadra, eine der Mitorganisatorinnen der Trauerfeier.

1.500 Euro Grundeinkommen

"Wir fordern nicht nur eine freie Universität sondern eine freie Gesellschaft. Ein freie Universität in mitten einer kapitalistischen Gesellschaft ist wie ein Leseraum in einem Gefängnis", befindet die "Besetzte Akademie der bildenden Künste". Um diese freie Gesellschaft zu erreichen, fordert sie ein Grundeinkommen von 1.500 Euro pro Monat. 

Mit dieser finanziellen Rückendeckung hätte alle Menschen die Freiheit, "zu entscheiden, was, wann und wie sie etwas tun wollen:  Wann sie eine Ausbildung machen wollen, wann sie wie tätig sein wollen, und wann nicht."

Verhandlung statt Blockade

Kritik an der Besetzung von Hörsälen und Studierenden-Protesten kommt von der Studienvertretung der IMC FH Krems, die sich mit einer Aussendung von der Vorgehensweise der Studenten distanzieren möchte.

"Unsere Arbeit basiert auf konstruktiven Dialogen, auf sachlichen und themenbezogenen Gesprächen und lösungsorientiertem Arbeiten, nicht jedoch auf Blockierung und Demonstrationen, bei welchen Sachschäden entstehen und Dritte zu Schaden kommen", so Veronika Lutz, Vorsitzende der Studienvertretung.

Mehr Informationen hier, derStandard.at wird weiterhin über die wichtigsten Ereignisse berichten. (red, derStandard.at, 1.11.2009)

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Wien - Die Unis bleiben weiterhin besetzt. Auch die 34 Millionen Euro, die Minister Johannes Hahn Freitagmittag aus der Notfallkasse zauberte, brachten die Studierenden dieses Wochenende nicht dazu abzuziehen.

Ganz im Gegenteil ruft die Einmalzahlung etwa an der Akademie der Bildenden Künste gar Empörung hervor: "Ein Witzbetrag", heißt es. Da das Geld laut Hahn "direkt in die Hörsäle" fließen soll, "nehmen wir es dankend an", um es in die Besetzung zu investieren, wird Sonntagnachmittag mit Augenzwinkern erklärt. Bei der Medienaktion wurde für ein Grundeinkommen geworben, das auch Uni-Angehörige entprekarisieren würde.

Bei abgedrehter Heizung blieb das Audimax weiterhin besetzt - in Wintermänteln. Samstagnachmittag stellte sich Armin Thurnher, Chefredakteur des Falter, der Diskussion.

Aus Solidarität mit den Protesten wurde die Viennale-Premiere des Dokumentarfilms "Bock for President" am Samstagabend durch Viennale-Direktor Hans Hurch und Stadtkino-Chef Claus Philipp ins Audimax vorverlegt. Die Flüchtlingshelferin Ute Bock und die Regisseure Houchang Allahyari und Tom-Dariusch Allahyari diskutierten im Anschluss mit den zahlreichen Studierenden.

Auch die Rektoren kommen den Protestierenden immer mehr entgegen. Rektorenchef Christoph Badelt betonte, dass es nicht bei der Einmalzahlung bleiben könne. Er fordert, dass "nachhaltig zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden". Den Unis fehle "eine Milliarde im Jahr" sagte Badelt im Standard. TU-Rektor Peter Skalicky besuchte Freitagabend erstmals den im Freihaus besetzen Hörsaal und zeigte sich im Plenum teilweise verständnisvoll. Samstagmittag erklärte auch der Rektor der Uni Wien, Georg Winckler, ein "gewisses Verständnis" für die Proteste. Die Politik sei nun am Zug, "Verantwortung wahrzunehmen".

An der Uni Innsbruck nahm am Samstag Landtagspräsident Herwig Van Staa (VP) solidarisch am Mittagsplenum teil. Da die Besetzung von Rektor Karlheinz Töchterle toleriert werde, sieht er darin keinen "Hausfriedensbruch".

Solidarität gibt es auch im Ausland: In Berlin soll heute, Montag, um 16 Uhr ein solidarischer Flashmob in der Wiener Straße stattfinden, der die Straße in "Wiener Uni" umbenennen und mit einem Flammenlogo versehen wird. (Romana Riegler und Tanja Traxler, DER STANDARD, Printausgabe, 2.11.2009)

Was bisher geschah: Tag 10 der Besetzung in der NACHLESE.