Vizerektor Gilbert Reibnegger hält am sechsjährigen Dipolmstudium Medizin fest.

Foto: Meduni Graz

"Das einzige, was die Unis tun können,  wäre eine noch engere Kooperation mit den österreichischen Schulen, um die österreichischen Schüler möglichst fit für das Aufnahmeverfahren zu machen", sagt Gilbert Reibnegger, Vize-Rektor der Medizinischen Universität Graz im Gespräch mit derStandard.at. Denn möglich ist, dass die Quotenregelung für ausländische Studierende fällt. Eine neue Warteliste, die die Grazer Studierenden wie vor zwei Jahren auf die Straße zu Demonstrationen getrieben hat, werde es heuer nicht geben. Reibnegger ist für Auswahlverfahren, bei denen der Beste und nicht der gut Betuchte die Chance aufs Studium bekommt. Auf einen Bachelor-Master-Mediziner will er sich noch nicht einlassen, eher überlegt er einen interuniversitären Gesundheitswissenschafts-Bachelor. Die Fragen stellte Marijana Miljkovic.

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derStandard.at: Rektorenchef Christoph Badelt kritisiert den Stil und das „Diktat" des Ministeriums. Schließen Sie sich der Kritik an?

Reibnegger: Da möchte ich mich jetzt nicht wirklich äußern. An und für sich haben wir mit dem Ministerium eine vernünftige Kommunikationsbasis. Das Ministerium hat bestimmte Wünsche geäußert, das kann man so und so sehen.

derStandard.at: Sind Sie zufrieden mit den Leistungsvereinbarungen mit dem Bund? Wie sieht es aus für die Grazer Med-Uni?

Reibnegger: Das kann ich derzeit gar nicht sagen, weil unsere letzte Sitzung am Montag noch nicht die eigentliche Verhandlung war. Diese wird erst am 29. Oktober stattfinden. Das war vorerst ein gegenseitiges Abchecken, ob die Wünsche des Ministeriums auch in unserer Leistungsvereinbarung Eingang gefunden haben.

derStandard.at: Die Med-Uni Graz hat sich auch vom Akkreditierungsrat überprüfen lassen. Warum eigentlich?

Reibnegger: Wir haben als "Fleißaufgabe" unsere beiden großen Studien, Human- und Zahnmedizin, vom deutschen Akkreditierungsinstitut ACQUIN akkreditieren lassen, und das erfolgreich. Wir haben 2002 das neue Curriculum in der Medizin eingeführt und das hat viele Befürchtungen auch bei unseren Professoren ausgelöst, ob das denn eine gute Ausbildung sein würde. Daher war uns wichtig, für uns selbst, nachdem wir einen Zyklus abgeschlossen haben, mittels einer externen Begutachtung zu sehen, wie wir wirklich dastehen, ob wir vielleicht einen falschen Weg gehen. Es gab auch einen psychologischen Effekt: Meine Hoffnung war, dass die internen Kritiken und Widerstände verstummen würden, wenn wir die Akkreditierung schaffen. Das ist bestens gelungen.

derStandard.at: Vor Kurzem hat die Danube Private University eröffnet, wo Zahnmediziner ausgebildet werden. Fürchten Sie die Konkurrenz? Oder stehen Sie so einem Projekt aufgeschlossen gegenüber?

Reibnegger: Inhaltlich kann ich mich nicht äußern, weil ich kein Zahnmediziner bin und auch das Curriculum in Krems im Detail nicht kenne. Grundsätzlich bin ich skeptisch, weil man eine Zwei-Klassen-Gesellschaft einführt. Das können sich ja wirklich nur die gut Betuchten leisten. Wir in Graz machen ohne Rücksicht auf soziale Stellung unseren Auswahltest und nehmen die Besten. Wenn das Kriterium die für Aufnahme jenes ist, ob ich so und so viel tausend Euro zahlen kann, sehe ich das negativ.

derStandard.at: Was die Zugangsbeschränkungen an der Uni Graz betrifft - wie beurteilen Sie den bisherigen Ablauf?

Reibnegger: Ich bin sehr zufrieden. Ich habe jetzt auch eine größere Studie gemacht, in der ich alle Anfänger-Jahrgänge in Graz von 2002 bis 2007 darauf analysiert habe, wie schnell und erfolgreich sie den ersten Studienabschnitt schaffen, und die Effekte sind überwältigend. Die Drop-Out-Rate im ersten Jahr wurde durch das Verfahren von 40 Prozent auf unter fünf Prozent gesenkt, die Erfolgsquote, wer es in einer vernünftigen Zeit schafft, den ersten Studienabschnitt zu absolvieren, von 20 auf 80 Prozent hochgetrieben.

derStandard.at: Was macht die Med-Uni, wenn die Quotenregelung zwischen EU und Österreich, den Zugang ausländischer Studierender zu beschränken, nicht verlängert wird?

Reibnegger: Eines ist klar: An der Tatsache des Auswahlverfahrens wird sich nichts ändern, dann wird man es noch mehr brauchen. Österreich wird als kleines Land vor der Tatsache stehen, dass es ein sehr teures Studium anbietet und sehr viele Leute für Deutschland ausbildet. Deutschland spart sich durch den Numerus Clausus und die Platzbeschränkung Ausbildungskosten. Das ist eher ein Problem auf nationaler Ebene, nicht der Unis an sich. Das einzige, was die Unis tun können,  wäre eine noch engere Kooperation mit den österreichischen Schulen, um die österreichischen Schüler möglichst fit für das Aufnahmeverfahren zu machen.

derStandard.at: Wenn wir schon bei der EU sind: Wie sinnvoll ist ein Bachelor-Master-System an Medizin-Unis?

Reibnegger: Wir haben das in Graz viel diskutiert und sind vorderhand zum Schluss gekommen, dass wir doch am sechsjährigen, einheitlichen Diplomstudium festhalten werden. Wir, die Karl-Franzens-Universität und die Technische Universität Graz, wollen in den Leistungsvereinbarungen festlegen, dass wir einen interuniversitären Gesundheitswissenschafts-Bachelor aufbauen wollen. Wir werden sehen, wie die Entwicklung weitergeht. Das Gesetz, das die Diskussion anregt, sieht derzeit eine Flexibilisierung insofern vor, als es erlaubt sein würde, den Bachelor auf vier Jahre auszudehnen. Bei uns wäre aber eher ein zweijähriges Grundstudium sinnvoll, und danach ein vierjähriges Spezialstudium für Medizin. Da wären sicher noch Korrekturen am Gesetz notwendig.

derStandard.at: Und nach zwei Jahren Bachlor-Studium wäre man dann Gesundheitsmanager?

Reibnegger: Das ist eben die Frage, das müsste man neu diskutieren. Ich könnte mir ein Grundstudium vorstellen, wo man Pflegewissenschafter, Physiotherapeuten und andere Gesundheitsberufe zusammenfasst und darauf aufbauend einen vierjährigen Spezialausbildungsplatz für Mediziner macht. Das ist aber heute alles noch reine Spekulation.

derStandard.at: Ist der lang angekündigte Med-Uni-Campus in Graz auch Spekulation?

Reibnegger: Der internationale Architekten-Wettbewerb ist jetzt ausgelobt worden. Wenn alles klappt, sollte 2014 mit der Besiedelung des Campus begonnen werden.

derStandard.at: In der Diskussion, dass es auf der Med-Uni Graz schon wieder zu Wartelisten kommt, haben Sie gesagt, dass das nur wenige, 15 bis 18 Studierende betreffe. Warum kann man für diese nicht einfach zusätzliche Plätze schaffen?

Reibnegger: Ich muss mein erstes Statement etwas präzisieren. Ich habe mir die Details erst später angesehen, weil ich zum Zeitpunkt des Interviews keinen Zugriff zu den Akten hatte. Wir hatten das Problem, weil die Leute, die damals auf der Warteliste waren, in dieser Zeit sehr viele spezielle Studienmodule absolviert hatten und wir zusätzlich die Doppelabsolvierung von Zusatz- und Pflichtmodulen erlaubt hatten. Dadurch wollten jetzt sehr viele Studierende, die teilweise sogar schneller unterwegs sind als es der Studienplan vorsieht, im fünften Studienjahr Plätze haben. Daher haben wir einen Engpass. Wir haben deshalb die Vergabe vom Studienfortschritt abhängig gemacht und es bleiben jetzt noch 17 Studierende, die aufgrund dessen primär keinen Platz im 5. Studienjahr bekommen haben.

Allerdings war zwischen der Leiterin unserer Studienorganisation und dem Sprecher der ÖH an der Med-Uni Graz ausgemacht, dass wir auch für diese 17 eine Lösung finden werden. Von diesen 17 müssen 13 Studierende noch eine Reihe von Modulen in den Studienjahren 3 und 4 beziehungsweise spezielle Studienmodue machen und würden dort auch Plätze bekommen. Vier Studierende haben noch Fachprüfungen offen, für die werden wir auch Lösungen finden. Bei genauem Hinsehen löst sich also das Problem, das Herr Wisiak (Sebastian Wisiak, Vertreter des KSV an der Med-Uni Graz, Anm.) da geortet hat, weil er sich nicht informiert hat, im Nichts auf.

derStandard.at: Da wurden also nicht neue Regeln geschaffen, nach denen man den gewünschten Platz bekommt?

Reibnegger: Überhaupt nicht. Wir haben uns nur den Studienfortschritt jedes einzelnen angeschaut und sehen, dass das behauptete Problem gar nicht existiert. (Marijana Miljkovic, derStandard.at, 28. September 2009)