"Was wir gemacht haben, kann nicht verboten sein": Bierdel

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Vier Jahre Haft und 400.000 Euro Geldbuße für die Rettung 37 Schiffbrüchiger: Das fordert die Staatsanwaltschaft von Agrigento für den ehemaligen ARD-Journalisten Elias Bierdel und Kapitän Stefan Schmidt. Im Sommer 2004 hatten sie die Flüchtlinge in der Nähe von Lampedusa an Bord ihres Hilfstransport-Schiffs Cap Anamur genommen. Drei Wochen lang hatte Italien ihnen die Landung im sizilianischen Hafen verweigert. Nachdem sie schließlich doch anlegen durften, wurden die Bootsflüchtlinge abgeschoben - und Bierdel, Schmidt sowie der erste Offizier des Schiffs angeklagt. Der Vorwurf: bandenmäßge Schlepperei.

Präzedenzfall

Der Fall war von Anfang an ein höchst brisantes Politikum: Sollten Bierdel und Schmidt - die Klage gegen den Offizier wurde mittlerweile zurückgezogen - freigesprochen werden, könnte das auch für jene Fischer und Kleinfrächter richtungsweisend sein, die in Zukunft Flüchtlingen in Seenot Hilfe leisten. Immer wieder mussten sizilianische Fischer zusehen, wie ihre Boote als Tatwerkzeuge beschlagnahmt wurden, weil sie Schiffbrüchige an Land gebracht hatten. So stehen zeitgleich mit Bierdel und Schmidt auch sieben tunesische Fischer in Agrigento vor Gericht.

Staatsanwalt lobt Courage

Bierdel bezeichnet den Prozess im derStandard.at-Gespräch als „absurd", die Klage als „hingefummelt": So habe der Staatsanwalt in seinem dreistündigen Plädoyer zwar den humanitären Einsatz und die Zivilcourage der Cap Anamur-Leute gelobt und betont, dass die Schiffbrüchigen ohne Cap Anamur wohl nicht mehr am Leben wären. Auch der Vorwurf der Schlepperei blieb Nebensache - der Staatsanwalt wirft Bierdel und Schmidt lediglich vor, die Flüchtlinge „zu Werbezwecken des Komitees Cap Anamur" zu lange an Bord gelassen zu haben, was eine „paternalistischer Form der Hilfe" darstelle.

Angeklagte fordern Freispruch

Am 3. Juni soll das Urteil gesprochen werden. „Wir müssen auf einem Freispruch bestehen", sagt Bierdel: „Eines wissen wir: Wenn sich ein humanitäres Rettungsschiff für seinen Einsatz bestrafen lässt, dann wird kein Handelsschiff mehr irgendetwas tun", so Bierdel. Egal, wie viele Instanzenzüge es erfordere: Der Prozess müsse in ein Urteil münden, das ein für alle mal klarstellt: „.Das, was wir gemacht haben, kann nicht verboten sein". (mas, derStandard.at, 16.5.2009)