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Vision eines ESA-Illustrators: Ein lauschiger Tag auf der Venus.

Foto: AP Photo/ESA/HO

Washington - Venus, Erde und Mars als kosmische Drillinge: Schon lange wird darüber diskutiert, dass der Mars unserem Heimatplaneten einst viel stärker geähnelt haben könnte als heute. Eine dichtere Atmosphäre und das Vorhandensein flüssigen Wassers könnten sogar zur Bildung von Leben geführt haben - Forschungsaufgabe so gut wie jeder neuen Mars-Sonde. Auch unser "innerer Drilling", die Venus, könnte früher aber ein freundlicheres Gesicht gezeigt haben - so zumindest die Interpretation eines internationalen Forschungsteams, das sich Infrarot-Aufnahmen der Venus vornahm.

Wissenschafter um George Hashimoto zogen Daten des Near-Infrared Mapping Spectrometer (NIMS) der "Galileo"-Sonde aus den 90er Jahren heran. Dabei stellten sie fest, dass die venusischen Hochländer weniger Infrarot-Strahlung emittieren als tiefer gelegene Regionen. Eine mögliche Interpretation dieses Phänomens wäre, dass die Hochländer weitgehend aus Felsiten bestehen, insbesondere aus Granit. Auf der Erde entsteht Granit, wenn sich eine Erdplatte unter eine andere schiebt; Wasser spielt für die Gesteinsbildung eine wichtige Rolle. Die "Galileo"-Daten könnten also als Hinweis darauf gewertet werden, dass die Venus einst ähnlich der Erde über Kontinente, Meere und Plattentektonik sowie über einen Wasser- und einen Kohlenstoffkreislauf verfügte. Und - ganz weit aus dem Fenster gelehnt - möglicherweise auch über Leben.

Unterschiedliche Meinungen

Nicht alle Fachkollegen wollen sich diesen Spekulationen anschließen, wie das Wissenschaftsmagazin "Nature" berichtet. David Crisp vom Jet Propulsion Laboratory der NASA hält die Schlussfolgerungen für weder durch die Daten noch durch das von  Hashimoto vorgestellte Modell gestützt. Die dichte, zu 96 Prozent aus Kohlendioxid bestehende, Atmosphäre der Venus halte zu viele Unsicherheitsfaktoren bereit, um die Infrarot-Aufzeichnungen solcherart zu interpretieren.

Dirk Schulze-Makuch von der Washington State University in Pullman ist von Hashimotos Modell hingegen begeistert und glaubt daran, dass die Venus einst ein bewohnbarer Planet gewesen sein könnte: "Dies gibt der Suche nach mikrobiellem Leben in der unteren Atmosphäre der Venus einen neuen Anstoß." Und Norm Sleep von der kalifornischen Stanford University hält es für möglich, dass die Venus einmal komplett von Wasser bedeckt gewesen sein könnte - ein Urozean, der 30 bis 150 Grad "warm" gewesen sein könnte. Die Entwicklung von Leben wäre damit im günstigeren Falle möglich gewesen. Aber selbst wenn die venusischen Ozeane im lauwarmen Bereich gelegen hätten, hätte sich das hypothetische Venus-Leben nach einem Zeifenster von wenigen 100 Millionen Jahren schnell weiterentwickeln (und in die gemäßigteren Bereiche der Atmosphäre abwandern) müssen, um sich den rauer werdenden Bedingungen anzupassen: Mit der immer heißer werdenden Sonne geriet die Venus in einen gewaltigen Treibhauseffekt - heute liegt ihre Oberflächentemperatur zwischen 430 und 490 Grad.

Seiji Sugita von der Universität Tokio, einer von Hashimotos Kollegen, möchte zur Überprüfung ihrer Theorie als nächsten Schritt die bisher analysierten Daten mit denen anderer Sonden vergleichen: dem "Venus Express" der ESA und dem "Venus Climate Orbiter" der japanischen Weltraumbehörde. Das wird allerdings noch dauern: der startet nämlich erst 2010. (red)