Wien – Am 83. Verhandlungstag im Grasser-Prozess sind heute, Dienstag, nochmals zwei Zeugen aus dem Finanzministerium von Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) geladen. Den Anfang machte Josef Mantler, er war im Ministerium für die Bundeswohnungen zuständig und saß sowohl im Lenkungsausschuss als auch in der Auswahlkommission, die die Vergabe beratend begleiteten.

Richterin Marion Hohenecker widmete sich am Vormittag im Wiener Straflandesgericht primär der Zusammensetzung der Kommissionen und der Rolle, die Grasser dabei gespielt hat. Des weiteren ging es in der Befragung einmal mehr um das Vorkaufsrecht der Kärntner Landesregierung, das diese nicht genutzt hatte. Hätten sie es genutzt, wäre nicht das Konsortium Immofinanz / RLB OÖ bei den Bundeswohnungen zum Zug gekommen, sondern der letztlich unterlegene Mitbewerber CA Immo/Bank Austria.

Das Vorkaufsrecht wurde vertraglich bereits im Juni 2002 zwischen Grasser und dem Land Kärnten vereinbart – rund ein Jahr bevor Grasser überhaupt erst mit einem Gesetz die Ermächtigung erteilt worden war, die Bundeswohnungen zu verkaufen, erläuterte die Richterin. Der Finanzminister konnte erst mit Juli 2003 darüber verfügen, wie sei dann diese Vereinbarung über das Vorkaufsrecht zu qualifizieren, fragte sie den Zeugen. Das sei dann wohl vorbehaltlich gewesen, dass die Ermächtigung an Grasser erteilt wurde, meinte Mantler.

Vertrauensverhältnis

Warum war Traumüller eigentlich verantwortlich für den Verkauf? Das weiß der Zeuge nicht, der Minister habe ihn ausgewählt. Wie deren Verhältnis zueinander war? "Es wird sicher ein Vertrauensverhältnis gegeben haben", so der Zeuge. Im Übrigen habe der Minister sicher die zuständigen Beamten beigezogen, das Vertrauensverhältnis sei da nicht das Kriterium gewesen.

Traumüller war zur Zeit der Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften (die Buwog war eine davon) u. a. Kabinettschef von Finanzminister Karl-Heinz Grasser. In seiner ersten Befragung vor Gericht hat er Grasser insofern entlastet, als er "keinen Tatplan" kenne und "keine Manipulationen" erlebt habe.

Inzwischen hat Traumüller "Profil" ein Interview gegeben, in dem er davon sprach, dass die "eigentliche" Entscheidung bei Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider gelegen sei. Kärnten habe das Vorkaufsrecht auf die Villacher ESG gehabt, daher sei Haider "das Zünglein an der Waage" gewesen. Das weiß man freilich seit langem. Hätte Kärnten das Vorkaufsrecht ausgeübt, hätte es einen Bietersturz gegeben: Dann hätte nicht das Österreich-Konsortium den Zuschlag als Höchstbieter bekommen, sondern die CA Immo. Man solle untersuchen lassen, ob sich Haider das Vorkaufsrecht habe abkaufen lassen, riet Traumüller im Interview. Ob die Richterin als Herrin des Verfahrens das fragen wird, ist natürlich offen.

Laut STANDARD-Recherchen soll jedenfalls kurz vor dem Zuschlag der Buwog ans Konsortium ein blauer Kärntner Landesvertreter und Haider-Vertrauter nach Linz gereist sein. Dort hat die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (Teil des Österreich-Konsortiums) ihren Sitz. Wie berichtet hatte der damalige RLB-OÖ-Chef Ludwig Scharinger (er ist jüngst verstorben) eine sehr gute Beziehung zu Haider. Renate Graber berichtete live. (gra, 26.3.2019)

Zeuge im Buwog-Prozess: Grasser entschied zweite Runde