Europa
"Django Dregger"
Vollblutpolitiker und strammer Konservativer
Berlin - Er war ein Vollblutpolitiker, und ein strammer
Konservativer noch dazu: Alfred Dregger, von den einen als "deutscher
Patriot und kämpferischer Demokrat" beschrieben, von anderen wegen
seines polarisierenden und kämpferischen Stils als "Django Dregger"
oder "Don Alfredo" apostrophiert, hat es in seinem Politikerleben bis
zum Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gebracht. Doch der
ganz große Erfolg in den Zentren der Macht blieb ihm versagt. Als Dregger vor eineinhalb Jahren trotz sichtbarer
gesundheitlicher Probleme mit "großem Bahnhof" in Fulda seinen 80.
Geburtstag feierte, schloss sich für ihn ein Lebenskreis: In Fulda
begann er in den 50er Jahren als jüngster Oberbürgermeister der
Bundesrepublik Deutschland seine politische Karriere. Die
osthessische Bischofsstadt, in der Dregger "die glücklichste Phase
meines Lebens verbrachte", wurde dem gebürtigen Westfalen und
überzeugten Katholiken zur zweiten Heimat. Während seiner 14-jährigen
Amtszeit prägte er Fulda mit Generalverkehrsplan, Bauboom und den
Weichenstellungen für eine moderne Stadt. Die Schulbautätigkeit
erreichte während seiner Ära ein in vergleichbaren Städten nicht
gekanntes Ausmaß.
Nebenbei brachte Dregger auch noch die Hessen-CDU "auf
Vordermann". Mit Dregger, dem im Krieg vier Mal verwundeten "Offizier
und Gentleman", steigerte die CDU ihren Stimmenanteil bei den
hessischen Landtagswahlen von 26,4 Prozent 1966 auf 47,3 Prozent im
Jahr 1974. Das waren im damals "roten Hessen" damals vier Prozent
mehr, als die SPD bekam. Der ganz große Erfolg blieb ihm allerdings
verwehrt: Weil die FDP 1982 als Folge des "Kanzlerverrats" aus dem
hessischen Landtag flog, schaffte es Dregger nicht, Hessens erster
CDU-Ministerpräsident zu werden.
Im November 1969 wurde Dregger in den CDU-Bundesvorstand gewählt,
1977 wurde er Mitglied des CDU-Präsidiums und blieb sechs Jahre lang
Vizevorsitzender der Partei. Im Oktober 1982 übernahm er von Helmut
Kohl den Fraktionsvorsitz der CDU/CSU im Bundestag. In diesem Amt
galt er lange Zeit wegen seiner stark nationalkonservativen
Orientierung als der ideale Absicherer von Kanzler Kohl. Doch die
Zeiten änderten sich: Auch in den eigenen Reihen blies Dregger wegen
seiner rechtskonservativen Positionen ein immer schärferer Gegenwind
ins Gesicht. Nur zwölf Monate nach seiner Wiederwahl als
Fraktionschef musste er 1991 verzichten - Wolfgang Schäuble übernahm
seine Rolle.
Dregger gab zwar politische Ämter ab, aber sein Einfluss hielt
auch die folgenden Jahre in der deutschen Bundespolitik an. Als
Politprofi, der über 25 Jahre im Bundestag saß und sieben Mal
hintereinander sein Direktmandat gewann, war er stets auch ein
engagierter Streiter für heimatliche Interessen.
So starrköpfig er in politischen Fragen sein konnte, so sehr hielt
er auch an seinem Mandat fest. Gesundheitlich bereits deutlich
gezeichnet, wollte Dregger 1998 unbedingt als Alterspräsident die
erste Bundestagssitzung im Reichstag eröffnen. Doch die Parteifreunde
wollten endlich den Generationswechsel: Nach monatelangen
innerparteilichen Querelen verzichtete der Ehrenvorsitzende der
Bundestagsfraktion und der Hessen-CDU auf seine achte
Bundestagskandidatur. (APA/AP)