London - US-Präsident Franklin D. Roosevelt hat während des Zweiten Weltkrieges den früheren britischen König Eduard VIII. und dessen Frau Wallis Warfield Simpson vom FBI überwachen lassen. Roosevelt glaubte, dass Simpson die Deutschen mit Informationen versorgte, wie die britische Zeitung "The Guardian" am Samstag unter Berufung auf FBI-Dokumente berichtet. Die USA seien überzeugt gewesen, dass Eduard VIII. Ende 1936 abgedankt habe, weil seine damalige Geliebte, die zwei Mal geschiedene Amerikanerin Simpson, eine begeisterte Anhängerin der Nazis und Adolf Hitlers gewesen sei. Dies wiederum sei inakzeptabel für die konservative Regierung von Premierminister Stanley Baldwin gewesen. Die Theorie, dass Eduards Thronverzicht durch die politischen Überzeugungen Simpsons nötig geworden sei, widerspricht der bisher gängigen These, dass Eduard VIII. den Thron aufgab, um die Frau seines Herzens zu heiraten. Weil sie geschieden war, habe er nicht König bleiben können. Nach der Abdankung lebten Eduard und Wallis Simpson als Herzog und Herzogin von Windsor hauptsächlich in Frankreich. Den Thron bestieg als Georg VI. sein jüngerer Bruder Albert Herzog von York, der Vater der jetzigen Queen. Unter Berufung auf 227 Seiten aus den FBI-Archiven, die der "Guardian" nach einer Klage unter Bezug auf den Freedom of Information Act einsehen konnte, berichtet das Blatt über eine Liebesbeziehung zwischen Wallis Simpson und dem damaligen deutschen Botschafter in London, Joachim von Ribbentrop, 1936. Der vom Spirituosenvertreter zum Spitzendiplomaten des "Dritten Reiches" aufgestiegene Ribbentrop, der 1946 nach seiner Verurteilung durch das Nürnberger Tribunal hingerichtet wurde, habe ihr täglich 17 Nelken geschickt, weil sie 17 Mal sexuellen Kontakt miteinander gehabt hätten. Die Beziehung von Simpson zu Ribbentrop, der Konstantin von Neurath als Außenminister Hitlers ablöste, sei auch später nie abgerissen. Die Windsors, die nach der Abdankung des Königs 1937 Hitler besuchten, hätten zunächst im französischen Exil viele Informationen gehabt, die für die Deutschen von Interesse gewesen seien. Das Paar floh später vor den Deutschen über Südfrankreich und Spanien nach Portugal, wobei Ribbentrop stets den genauen Aufenthaltsort wusste. Premierminister Winston Churchill habe entschieden, die Windsors wegen der Gefahr nazifreundlicher Äußerungen an eine Stelle zu bringen, "wo sie keinen Schaden anrichten können". So sei der Herzog zum Gouverneur der Bahamas ernannt worden. Als er von dort aus begonnen habe, gemeinsam mit seiner Frau die USA zu besuchen, habe Roosevelt die Überwachung des Paares durch das FBI angeordnet. Der "Guardian" verwies darauf, dass britische Dokumente über die Abdankung und die späteren Beziehungen des Königshauses zum Herzog von Windsor bisher nicht veröffentlicht worden seien, "um die Gefühle der verstorbenen Königinmutter zu schonen". Der offizielle Biograf des Ex-Königs, Philip Ziegler, sagte dem Blatt, er glaube nicht, dass die Windsors "Verräter" gewesen seien. (APA/dpa)