Amerika
US-Botschafter versucht Wahl zu beeinflussen
Wahlgericht wirft dem Diplomaten Verfassungsbruch vor - Rocha warnte vor Sieg des sozialistischen Kokabauern Evo Morales (Bild)
La Paz - Das bolivianische Wahlgericht (CNE) hat den
US-Botschafter in La Paz wegen Einmischung in nationale
Angelegenheiten und Verstoßes gegen die Verfassung des Landes
verwarnt. Laut Medienberichten vom Freitag forderten die Richter das
bolivianische Außenministerium in einem Schreiben auf, gegenüber der
US-Vertretung deutlich zu machen, dass ein derartiges Verhalten
künftig zu unterbleiben habe. Das Gremium wirft dem Botschafter
Manuel Rocha vor, mit einer indirekten Drohung kurz vor den
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am kommenden Sonntag die
"sozialen Spannungen" in Bolivien zu verschärfen. Rocha hatte am Mittwoch davor gewarnt, bei der
Präsidentschaftswahl für einen sozialistischen Kokabauern zu stimmen.
Sollten Befürworter von Kokainexporten den Urnengang am Sonntag
gewinnen, dann werde damit die US-Unterstützung für das bolivianische
Anti-Drogen-Programm gefährdet. Der prominente Kokabauer Evo Morales,
den Rocha nicht namentlich nannte, tritt als einziger Vertreter der
Ureinwohner Boliviens bei der Präsidentschaftswahl an. Die
Ureinwohner stellen die Mehrheit der Bevölkerung des
südamerikanischen Landes.
Morales von der Bewegung für den Sozialismus (MAS) wurde
international bekannt, als er einen Massenprotest der Kokabauern
anführte. In den Umfragen lag er bisher auf Platz vier. Beobachter
rechnen damit, dass der Streit um den US-Botschafter Morales
zusätzliche Stimmen bringen wird. Er selbst sagte, Rocha sei sein
"bester Wahlkampfhelfer".
Washington unterstützt Bolivien im Anti-Drogen-Kampf mit einer
jährlichen Finanzspritze von mehr als 100 Millionen Dollar (101,8
Mill. Euro). Mit dem Geld wurden seit 1998 54.000 Hektar Kokapflanzen
zerstört. Die Kokabauern werfen der Regierung vor, mit der
Vernichtungsaktion ihre Lebensgrundlage zu zerstören und Hunger und
Armut den Weg zu bereiten. Durch die Regierungskampagne wurde der
Bestand an Koka-Pflanzungen drastisch reduziert. (APA)