STANDARD: Herr Präsident, hat man nach 10 Jahren in Ihrer Funktion überhaupt noch Freunde?Fiedler: Wenn ich zynisch antworten wollte, müsste ich sagen: Vermutlich ist die Zahl der Freunde gesunken. Wir haben uns, das betrifft den Rechnungshof insgesamt, bei einigen Prüfungen unbeliebt gemacht. Andererseits werden wir uns auch Freunde dadurch gemacht haben, dass wir für die geprüfte Stelle einen Nutzen bringen und den auch sichtbar machen. STANDARD: Die geprüften Stellen werden sich aber doch nicht freuen, wenn sich der Rechnungshof ansagt? Fiedler: Natürlich will niemand gern geprüft werden, das ist eine gewisse Erschwernis im Tagesablauf - aber nachher soll die geprüfte Stelle sagen können: Letztlich hat es sich per saldo rentiert. STANDARD: Sich rentieren - das heißt aber auch, dass zwar die Steuerzahler insgesamt entlastet werden, aber konkret Gebühren erhöht werden? Fiedler: Wir sind verpflichtet, Anregungen zu geben, wie die Einnahmen gesteigert werden können. Aber wir geben relativ wenig Empfehlungen ab, dass Gebühren erhöht werden sollen. Letztlich haben wir das Interesse des Gesamtstaates zu vertreten - und einer weiteren Verschuldung kann nicht das Wort geredet werden. STANDARD: Stichwort ausgabenseitiges Sparen - das passiert ja durch die Kürzung von Planstellen. Aber passiert es auch immer sachgerecht? Fiedler: Mit der flächendeckenden Reduzierung von Planstellen ist man den Weg des geringsten Widerstands gegangen - auch wenn ich positiv registriere, dass es bei der Verwaltungsreform Schritte wie das One-Stop-Shop-Prinzip gegeben hat, die zweifellos ein Fortschritt waren. Nur ist das insgesamt zu wenig und deckt nicht ab, was sich die Regierung selbst vorgenommen hat. Die Rasenmähermethode bringt nur ein bis zwei Prozent Einsparung und schafft obendrein Ungerechtigkeiten, es erwischt ja auch welche, die durchaus sinnvoll auf ihren Posten sitzen. STANDARD: Wo wird denn zu viel gespart? Fiedler: Also wenn man bei der Finanz Betriebsprüfer einspart, dann muss man wissen, dass ein Steuerprüfer mehr bringt als er kostet. Und man muss wissen: Je mehr kontrolliert wird, desto größer ist die Abgabengerechtigkeit - sonst zahlt ja der drauf, der korrekt seine Steuern zahlt. STANDARD: Und nun zum Strukturellen: Was muss man tun, um aus dem System der linearen Kürzungen herauszukommen? Fiedler: Wenn sich die jetzige Regierung zum Ziel setzt, die Abgabenquote auf 40 Prozent zu senken, dann reicht eine bloße Verwaltungsreform nicht - da muss man tiefer ansetzen. Man muss sich die Bundesstaatsreform, die in den neunziger Jahren gescheitert ist, noch einmal vornehmen, auch wenn das nicht leichter geworden ist. STANDARD: Der einzige Durchbruch war bisher die Reform der Straßenverwaltung . . . Fiedler: Na, das kann’s doch nicht gewesen sein! Man muss sich die ganze Kompetenzverteilung noch einmal hernehmen, wo kann man da im exekutiven, wo im legislativen Bereich etwas verändern? STANDARD: Woraufhin die Länder schreien werden, dass da der Föderalismus in Gefahr ist. Fiedler: Nicht alle, wenn ich an den steirischen Landesrat Gerhard Hirschmann denke, der zumindest eine Diskussion fordert. Man sollte das emotionslos angehen - auch die Frage, ob man die Länder nicht auf einen reinen Vollzugsföderalismus umstellen kann. Wenn man die Identitätsstiftung der Länder ernst nimmt, dann muss man doch abwägen - wird die Identität durch eine unheimlich komplizierte Bauordnung dargestellt oder durch ein besonders gutes Service für den Bürger? (DER STANDARD, Printausgabe, 29./30.6.2002)