In Gesprächen verliert er den Faden nur selten. Helmut Graupner, siegreicher Wiener Rechtsanwalt gegen den Mindestalter-Paragrafen für homosexuelle Männer 209, hat gelernt, hartnäckig bei der Sache zu bleiben.

17 Jahre ist es her, dass der nun 37-jährige Tullnerbacher - als Jusstudent frisch zur Homosexuelleninitiative (HOSI) Wien gestoßen - erstmals seine Kritik an dem "Schwulensondergesetz", wie er sagt, zu Papier brachte. In Form einer Petition der österreichischen Jugendorganisationen, die zum ersten parlamentarischen Antrag der SPÖ auf "209er"-Streichung 1989 führte. Die ÖVP lehnte ab.

Von da an arbeitete sich der "Einzelkämpfer", wie er sich selber charakterisiert, durch die Höhen und Tiefen des Sexualstrafrechts und des Jugendschutzes. Als Jurist, rechtstheoretischer Autor sowie im Rahmen des Rechtskomitees Lambda und der Plattform gegen Paragraf 209, die Politiker und Experten gegen das Schwulen-"Schutzalter" vereint. Die HOSI Wien hatte er 1989 verlassen.

Er vertrat "209er"-Angeklagte vor Gericht, stand ihnen bei den "peinlichen, Intimitäten ans Tageslicht bringenden Befragungen" zur Seite. Erlebte, wie "Urteile und Vorstrafen Berufsperspektiven zerstören", und teilte diese Beobachtungen einer über die Jahre kritischer werdenden Öffentlichkeit mit.

Bis er mit dem Fall eines Vorarlbergers am Oberlandesgericht Innsbruck auf einen beschwerdebereiten Berufungsrichter stieß: Peter Tischler, der dem Verfassungsgerichtshof den im zweiten Anlauf positiv beschiedenen Antrag auf Paragraf-Aufhebung übermittelte.

Mit seiner Arbeit, so betont Graupner, wolle er "gegen antischwule Ressentiments in der Gesellschaft" aktiv werden. Gegen jene Vorurteile die er - selber "seit dem 12. Lebensjahr bewusst schwul" - genau mitbekommen habe.

Die Vorurteile seien mit ein Grund gewesen, dass er das Wissen über seine Homosexualität acht Jahre lang, bis zu seinem 20. Lebensjahr, für sich behalten habe, erzählt er. Trotzdem: "Persönliches Problem hatte ich keines. Ich hatte mich intensiv mit der griechischen Mythologie beschäftigt, und die stellt männliche Homosexualität positiv dar."

Seine damalige Introvertiertheit hat der Jurist mittlerweile aufgegeben. Bei der Pressekonferenz am Donnerstag hielt er einen Zeitungsausschnitt in die Kameras. "Ich war 15", hatte ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter 1996 dem Falter ihr Alter beim "ersten Mal" gestanden.

"Auch als ich geboren wurde, war meine Mutter erst 16", kommentiert Graupner dazu. Für den Fall, dass auf ÖVP-Geheiß in Zukunft alle sexuell aktiven unter 16-Jährigen mit dem Kadi bedroht würden, kündigt er an: "Dann wird das Rechtskomitee seine Arbeit eben ausweiten."(Irene Brickner/Der STANDARD, Printausgabe, 28.6.2002)