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Paradeiser-Liebe

"Hier kommt der neue Bundeskanzler!" Arkan Kreskin rührte Donnerstagvormittag am Wiener Naschmarkt ordentlich die Werbetrommel für SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer. Der rote Bezirksrat aus Margarethen, zugleich Marktsprecher, lotste Gusenbauer sozusagen standesgemäß durch die Gasse der Obst-, Gewürz- und Gemüsestandln. "Am Naschmarkt ist der Kunde König", rief Kreskin.

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Die Wiener Stadträtin Renate Brauner

zuständig für Konsumentenschutz, ergänzte: "Und Königin". Kaiser im "Bauch von Wien" war an diesem Tag aber der Fußball. Und Alfred Gusenbauer spielte zwei Tage vor dem kleinen WM-Finale zwischen der Türkei und Südkorea eifrig mit.

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"Wer hätte vor der WM gedacht, dass die Türkei ins Semifinale kommen würde?"

versuchte Gusenbauer die Schmerzen eines türkischen Standlers über das Ausscheiden gegen Brasilien zu lindern. "Ich hätte mir halt ein Finale gegen Deutschland gewünscht, das wäre gut für die Integration gewesen," meinte dieser. Und ein Österreicher, "ein alter Genosse", wie er sich vorstellte, fragte Gusenbauer verschmitzt, ob er hier sei um Beileidskundgebungen zu verteilen. "Nein, die Türken haben wirklich einen tollen Fußball gespielt."

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"Der Schmäh gehört am Markt dazu, davon lebt er",

kommentierte Karl Panzirsch, seit 17 Jahren Chef des Marktamtes, die launigen Sprüche zwischen Standlern, Kunden und Gusenbauer. Auch Renate Brauner ist nicht schmähstad. Als ihr eine Verkäuferin eine Erdbeerroulade anbietet, winkt sie ab: "Da nehm' ich schon beim Zuhören zu."

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Alfred Gusenbauer hat aber nicht nur Autogramme zu geben,

Hände zu schütteln und Glückwünsche entgegen zu nehmen. Er muss auch etwas mit nach Hause bringen. Knoblauch, Weiße Zwiebel, grüne Paprika, Schalotten, Rucola und reife Tomaten, inländisch wohlgemerkt, stehen auf dem Einkaufszettel. "Am Wochenende gibt es leichte südländische Küche, das sind Ingredienzen für einen spanischen Meeresfrüchtesalat".

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Sichtlich wohl fühlt sich Gusenbauer

in einem Stand, der italienische Spezialitäten anpreist. "Das ist ein schöner Stand." Die Besitzer, Einwanderer aus der Türkei, servieren Prosciutto, Salami und Olivenbrot - dazu ein Glas Prosecco. (Brauner: "Nicht beim Essen filmen!") 2001 und 2002 ist der Familienbetrieb zum beliebtesten Stand am Naschmarkt gewählt worden. Man wünscht sich gegenseitig alles Gute: Gusenbauer will, dass die Familie nächstes Jahr wieder gewinnt, der Standler will Gusenbauers Wahlsieg. "Ihr müsst aber schärfer werden", gibt er dem SPÖ-Chef mit auf den Weg. "Nicht so schnell aufgeben!"

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Für eine Schrecksekunde

in dem kleinen Vorwahlkampf-Tross sorgte ein Standler aus Wien-Favoriten. "Zehn Jahre war ich Mitglied der SPÖ in Favoriten, ihr habts aber zu wenig gemacht, dann hat die ganze Familie FPÖ gewählt." Gusenbauer und sein Marktsprecher Kreskin kurz perplex, wurden aber gleich beruhigt. "Keine Sorge - das ist vorbei, ich bin wieder zurück." Na dann - auf zum nächsten Stand. (APA)

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