Finanzen & Börse
Sauberfrau unter Insiderverdacht
Martha Stewart, "US-Hohepriesterin der Häuslichkeit", beschäftigt nach Aktienverkauf die Justiz
Washington - Die US-Medien haben ein Skandälchen mit
vielversprechenden Zutaten für das lange Sommerloch gefunden: Geld,
Reichtum, Promis, Moral und ein bisschen Sex spielen in der Affäre
eine Rolle. Es dreht sich um die Lifestyle-Diva Martha Stewart, die
seit Jahren mit Küchentricks und Hochzeitstipps, Garten- und Design-
Ideen Maßstäbe für die gehobene Mittelschicht setzt. Mit einen
Händchen fürs Geschäft hat sie sich damit zu einer der
erfolgreichsten und reichsten US-Unternehmerinnen aufgeschwungen. Stewart, fester Bestandteil des New Yorker Jetsets, hat im
Dezember Aktien der Firma ImClone verkauft, für 227.000 Dollar
(232.000 Euro). Peanuts für die Frau, die ein paar hundert Millionen
Dollar schwer ist, doch beschäftigen die Umstände dieses Deals jetzt
die Staatsanwaltschaft. Von Insiderhandel ist die Rede und
möglicherweise Justizbehinderung und Falschaussage.
Befreundet
Stewart ist mit dem ImClone-Chef Samuel Waksal befreundet, der
kurz vor der öffentlichen Bekanntmachung Wind davon bekommen hatte,
dass seinem neuen Krebsmittel die Marktzulassung verweigert würde.
Waksal stieß sofort mehrere tausend Aktien ab. Ihm wird Insiderhandel
vorgeworfen und er ist nur gegen Kaution auf freiem Fuss. Sollte die
schöne Martha, Perfektionistin in allen Lebenslagen, einen Tipp
bekommen haben und gestrauchelt sein? "Es wird sich alles in Kürze aufklären und diese lächerlichen
Vorwürfe werden sich als haltlos herausstellen", meinte Stewart am
Dienstag in der Studioküche eines Fernsehsenders. Sie habe keine
Ahnung gehabt, was kommen würde, als sie die Aktien verkaufte,
beteuert sie.
Allseits präsent
Die "Hohepriesterin der Häuslichkeit", wie die Zeitschrift
"Newsweek" die 60-jährige würdigte, ist in den USA allseits präsent.
Eine Zeitschrift, eine Ratgeberkolumne, 40 Bücher und ein
Versandgeschäft für alles von Anzugständer bis Zahnputzbecher gehören
zu ihrem Imperium. Sechs mal die Woche ist Stewart im Fernsehen: mit
eigenen Küchen- und Garten-Shows und Lifestyle-Ratschlägen.
Stewart wurde 1941 im Bundesstaat New Jersey als Tochter armer
polnischer Einwanderer geboren. Aus dem schwierigen Elternhaus
arbeitete sie sich vor und brachte es bis zur Börsenmaklerin, ehe sie
nach Hochzeit und der Geburt ihrer Tochter für sich die Segnungen der
Häuslichkeit entdeckte. Daraus machte sie dann ein Riesengeschäft:
das Martha Stewart Living Omnimedia-Imperium verbuchte 2001 einen
Umsatz von rund 300 Millionen Dollar. Seit dem dubiosen Aktiendeal
geht es damit jedoch bergab: Die Kurse fielen um mehr als 30 Prozent.
Ob Stewart sich mit dem Aktienverkauf strafbar machte oder
lediglich die Etikette des Aktienhandels verletzte, ist schwer zu
sagen. Schließlich müssten die Schönen, Reichen und Einflussreichen
auf den Jetset-Partys in Manhattan ja auch über irgend etwas reden,
meinte "Newsweek" ironisch. Und dabei würden Anleger-Tipps und
Insiderinformationen eben herumgereicht wie Räucherlachsschnittchen.
(APA/dpa)