Seoul – Er hat einen eigenen Fan-Club, ist bekannter als die meisten Spieler und mittlerweile sogar ein Werbestar: Pierluigi Collina ist nicht nur wegen seines markanten Aussehens die schillerndste Figur unter den Schiedsrichtern. Doch mit seiner herausragenden Stellung in der oft kritisierten Gilde der "Pfeifenmänner" hat sich der 42-Jährige nicht nur Freunde gemacht und sogar Argwohn geweckt.

Werbung für Adidas

Erfolg schafft Neid – und Collina hat Erfolg. Überall in Japan lächelt der Vater zweier Töchter von Werbeplakaten, im Fernsehen ist der mit den Stars Zinedine Zidane und Raul aufgenommene Werbespot für den Sportartikel-Hersteller adidas ein Renner. Genau daran sollen sich laut einem Bericht des spanischen Sportblattes "As" Diskussionen im Lager des vierfachen Weltmeisters Brasilien entzündet haben. Die vom adidas-Konkurrenten Nike ausgerüsteten Samba-Künstler glaubten, Collina könne im WM-Finale die Interessen seines Sponsors aus Herzogenaurach verfolgen, der auch die deutsche Mannschaft einkleidet.

Collina weist Verdächtigungen zurück

"Das Unternehmen sponsert alle Schiedsrichter, nicht nur mich. Auch die Spieler laufen in Trikots einer bestimmten Firma herum. Ich habe ein reines Gewissen", wies Collina am Freitag die Verdächtigungen zurück, die schon einmal im Vorfeld des Champions-League-Halbfinals zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona geäußert worden waren.

Viermal bester Schiedsrichter des Jahres

Die von ihm oft unter Beweis gestellte Klasse lässt kaum Zweifel an seiner Integrität aufkommen. Vier Mal wurde Collina vom Weltverband FIFA als bester Schiedsrichter des Jahres ausgezeichnet und in seiner Karriere oft mit kniffligen Aufgaben betraut. Das Endspiel am Sonntag in Yokohama betrachtet er daher als Auszeichnung. "Ein WM-Finale ist nie etwas normales. Ich bin sehr, sehr stolz, ausgewählt worden zu sein", erklärte der Italiener vor seinem letzten WM-Auftritt. 2006 in Deutschland wird er aus Altersgründen nicht mehr dabei sein.

Vorbild für Kollegen

Zeit also, Bilanz zu ziehen. Die schönsten Erinnerungen verbindet Collina mit dem Olympia-Finale 1996 und dem Champions-League-Endspiel 1999. Für die Zukunft fordert Collina Profi-Schiedsrichter, "die sich optimal vorbereiten müssen". Der Fußball habe einen solch hohen Standard erreicht, dass "wir mehr Zeit brauchen, um unserer Aufgabe gerecht werden zu können". Der Finanzberater ist in dieser Hinsicht akkurat und damit Vorbild für seine Kollegen. "Es ist wichtig für einen Schiedsrichter, sich sehr gut vorzubereiten und zu wissen, mit welcher Taktik eine Mannschaft spielt", sagt Collina, der sich daher jede Menge Spiele anschaut.

Ein Geschenk als Faux-Pas

Collina bezeichnet sich selbst als Patriot und wertet seine Nominierung auch als Erfolg für Italien. "Ich bin stolz, dass im Stadion auch eine kleine italienische Flagge wehen wird", sagte der wohl bekannteste Referee der Welt, der sogar schon einmal als Fotomotiv für die chinesische Frauen-Auswahl herhalten musste. "Nach einem Spiel gegen die USA habe ich fünf Minuten auf dem Platz gestanden, um mich mit Spielerinnen fotografieren zu lassen", berichtete Collina von seinem verrücktesten Karriere-Erlebnis. Übertroffen wurde dies wohl nur vom Deutschen Fußball-Bund. Der schenkte dem Glatzkopf einst vor einem Länderspiel einen Fön.