Als im Vorjahr die IT-Aktien an der Börse zu purzeln begannen, schien bei Biotech-Werten alles noch in Ordnung. Die Bewertung war hoch, die Ertragshoffnungen noch höher. Heute schaut es ganz anders aus: Der Dow Jones Biotech-Index hat seit Jahresbeginn rund 36 Prozent verloren, der Nasdaq-Index gab um zirka 24 Prozent nach.Gründe für die Kursverluste: Die Übertreibungen nach oben. Die Unsicherheit verstärkte sich, weil eben die Umsetzung der Forschungen in gut vermarktbare Medikamente ein langwieriger Weg ist. Rückschläge dabei wirkten sich auf die Kurse verheerend aus. Als obendrein bei vielen Unternehmen der Zeithorizont für die Gewinnschwelle immer weiter in die Ferne verschoben wurde, ließ sich ein halbwegs vernünftiges Kursgewinn-Verhältnis nicht mehr konstruieren. Ähnliches mussten die Aktionäre von Sanochemia feststellen. Die Aktie des österreichischen Biotech-Unternehmens, das sich mit seinen Galantamine-Produkten einen Namen bei der Alzheimer-Bekämpfung gemacht hat, fiel seit Jahresbeginn um 35 Prozent auf knappe 13 Euro zurück. Ein Börsenbrief erwartet einen weiteren Einbruch auf sechs Euro. Doch nicht alle sehen Sanochemia so pessimistisch. Klara Szekffy, die für die RCB das Unternehmen beobachtet, sieht eine spekulative Kaufchance. "Sanochemia hat die schlimmste Zeit hinter sich. Reminyl ist als Alzheimer-Medikament der zweiten Generation seit 2001 in den USA zugelassen. Sanochemia hat für den Produktionsvorgang Patente, die bis 2014 laufen." Das österreichische Unternehmen forscht weiter intensiv nach Wirkstoffen gegen Erkrankungen des Zentralnervensystems. So soll mit Galantamin-Plus nicht nur die Verschlechterung der Krankheiten verlangsamt, sondern auch die grundsätzliche Ursache, die Neurodegeneration, behandelt werden. Dabei hat man zwei neue Einsatzgebiete für Reminyl - gegen postoperative Verwirrtheit, wie sie bei älteren Patienten oft auftritt, und gegen vaskuläre Demenz (Verlust des Kurzzeitgedächtnisses) - entdeckt. "In meinen Umsatzerwartungen habe ich aber diese neuen möglichen Indikationen noch nicht berücksichtigt," sagt Analystin Szekffy. "Und das Schöne ist, dass bei der Synthese-Produktion höhere Umsätze nicht proportional höhere Materialkosten bedeuten." Was sich in den Gewinnerwartungen niederschlägt. Für 2002/03 rechnet sie konservativ mit 0,41 Euro pro Aktie, 2003/04 mit 1,01 Euro. 36 Euro bezeichnet sie als "Fair Value" für die Aktie. Ähnlich optimistisch sieht das Bankhaus Oppenheim die Chancen, die Erste bestätigt ein Aufwärtspotenzial bis 30 Euro "nur auf sehr lange Sicht". (dol/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27. 6. 2002)