Wien - Der Generaldirektor der Erste Bank, Andreas Treichl, hat ein weiteres Ziel auf seinem Weg zum Konzernherrn erreicht: Am Mittwoch wurde im Finanzausschuss des Parlaments eine Novelle zum Bankwesengesetz (BWG) beschlossen, die die Erstellung einer Gruppenbilanz des Sparkassensektors ermöglicht. Die Novelle soll noch im Sommer im Plenum beschlossen werden und mit 1. September in Kraft treten. Angenehmer Nebeneffekt: Die Erste Bank verfügt damit über zusätzliche anrechenbare Eigenmittel in Höhe von rund 290 Mio. Euro.Voraussetzung für die künftige Bewertung der rechtlich weiterhin selbstständigen Sparkassen als Kreditinstitutsgruppe war der im Herbst vorigen Jahres beschlossene und mit Jahresbeginn 2002 in Kraft getretene Haftungsverbund, dem per 1. Juli dieses Jahres 56 der insgesamt 64 österreichischen Sparkassen (ohne Bank Austria) angehören. Mehrere Säulen Der Haftungsverbund basiert auf mehreren Säulen: auf einer einheitlichen Risikopolitik mit standardisierten Kreditrisikoklassen, einem abgestimmten Liquiditätsmanagement sowie gemeinsamen Standards für das Controlling, weiters auf einem gemeinsamen Früherkennungssystem, das wirtschaftliche Schwierigkeiten der Mitgliedssparkassen vermeiden soll und entsprechende Unterstützungsmechanismen vorsieht, und schließlich auf der Garantie der Kundeneinlagen in vollem Umfang. "Verwaltet" wird der Haftungsverbund von einer Haftungs GesmbH, an der die Erste Bank mit 51 Prozent und die übrigen 55 Sparkassen mit zusammen 49 Prozent beteiligt sind. Laut Garantievereinbarung kann die Haftungs GesmbH bei einem Mitglied dann einschreiten, wenn bei gewissen Kennzahlen wie Eigenkapitalquote, Kundeneinlagen oder Eigenkapitalverzinsung ein vorher fixiertes Niveau nicht erreicht wird. Bonität hochgestuft Der erste positive Effekt des Haftungsverbundes für die Erste Bank ergab sich bereits kurz nach dessen Gründung: Die internationale Ratingagentur Moody's hat die für langfristige Verbindlichkeiten maßgebliche Bonität des Instituts von A2 auf A1 hochgestuft. Wie der Pressesprecher der Erste Bank, Michael Mauritz, dem STANDARD mitteilte, wird mit dieser Novelle das Bankwesengesetz an die bereits herrschenden Gegebenheiten angepasst. Mit der Schaffung des Haftungsverbunds seien die Mitgliedssparkassen bereits enger zusammengerückt und sei die Kooperation untereinander verbessert worden. Dieser Entwicklung trage der Gesetzgeber eben Rechnung. Von einer "Lex Sparkasse" könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil auch andere dezentrale Sektoren (Volksbanken, Raiffeisenbanken) von dieser Neuregelung profitieren könnten. Die Gruppenbilanz der Sparkassen wies Ende des ersten Quartals 2002 eine Bilanzsumme von 117,7 Mrd. Euro und einen Konzernüberschuss von 65,9 Mio. Euro auf. (gb, APA)