Eine Medienenquete gerät - in Zeiten wie diesen - zwangsläufig zur Trauersitzung. Montag und Dienstag traf sich die journalistische Trauergemeinde in der Grazer Burg. Landeshauptfrau Waltraud Klasnic hatte zum Meeting geladen, um mit einer Enquete auf das in Planung stehende Grazer Medienkompetenzzentrum samt Fachhochschullehrgang hinzuweisen.Das, was hier im Weißen Saal der Grazer Burg zu hören war, klang nach Abgesang, mit ein wenig Hoffnung auf die Wiederauferstehung. Der Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ), Franz Ivan, sprach von einem "Jammern aus der Talsohle". Gernot Sittner, Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung befand: Der Presse geht es "so schlecht wie schon lange nicht". Er diagnostizierte die "bisher größte Krise der Printmedien". Der Anzeigenmarkt sei in deutschen Printmedien um bis zu 40 Prozent eingebrochen, summierte Sittner. Dagegen wirke das Minus von rund zehn Prozent in Österreich weniger dramatisch, ergänzte Ivan. Mehr Geld für Parteien Aber: Österreichs Medien begannen ihre Talfahrt auf einem wesentlich niedrigeren Niveau. Zudem drückten hier die hohen Posttarife, "unflexible Kollektivverträge", die "Werbestrafsteuer" sowie europaweit einmalige steuerliche Benachteiligungen auf die Bilanzen der Zeitungen, sagte Ivan. Und während Zeitungen 1997 mit damals 5,8 Millionen Euro mehr Förderungen als die Parteien (4,4 Mio.) zugestanden bekamen, hat sich das Verhältnis 2001 dramatisch umgekehrt. Die Presse wird nun mit 13,8 Millionen subventioniert, die Parteien aber bekommen 22,5 Millionen. Mehr Innovation im Journalismus Die Verlage reagieren auf die ökonomische Zwangslage weltweit mit harten Sparprogrammen. STANDARD-Chefredakteur Gerfried Sperl warnte allerdings, dass das Sparpotenzial innerhalb der Redaktionen langsam ausgereizt sei: Man dringe bereits in deren Kernbereiche vor. Sperl drängt auf mehr Innovation im Journalismus, die Qualität müsse weiter drastisch gehoben werden. Sittner plädierte ebenfalls für vertiefende Qualitätsberichterstattung als Ausweg aus der Krise. Tageszeitungen müssten Informationen noch stärker selektieren und Schneisen schlagen durch "den Informationsdschungel". Die Zeit der "klassischen Nachricht" sei vorbei. Fazit der Grazer Enquete: Mit qualitativ hochwertiger Hintergrundrecherche, mit Reportagen, Diskussionsforen und auch mit der Vermittlung von Werten könnten Zeitungen auf die Herausforderung der neuen Medien, aber auch auf den ökonomischen Druck - womöglich - erfolgreich reagieren. (Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 26.6.2002)