Finanzen & Börse
"EZB hat bessere Strategie als die Fed"
Experten: Glaubwürdigkeit der Fed hängt hauptsächlich an Greenspan
Frankfurt - Die geldpolitische Strategie der noch
jungen Europäischen Zentralbank (EZB) ist nach Ansicht von
Volkswirten besser als die der traditionsreichen US-Notenbank Federal
Reserve (Fed). "Wir halten die Strategie der EZB mit dem vorrangigen
Ziel Preisstabilität für besser", sagte der Wirtschaftsprofessor Wim
Köster am Montag bei der Vorlage einer Studie über die
Notenbankstrategien in Frankfurt. Die EZB habe eine klarere Strategie, und ihre Glaubwürdigkeit sei
nicht in so hohem Maße wie die der Fed vom Ansehen des
Notenbankpräsidenten persönlich abhängig. Die Fed könne es sich
jedoch leisten, gleichzeitig die teilweise widersprüchlichen Ziele
Preisstabilität und hohe Beschäftigung anzustreben, weil die
amerikanische Wirtschaft nicht so große Strukturprobleme habe wie die
Euro-Zone.
Zu stark an der aktuellen Inflationsrate
Trotz der theoretischen Unterschiede richteten sich beide
Notenbanken bei ihren Zinsentscheidungen zu stark an der aktuellen
statt an der künftigen Inflationsrate aus, auf die die Zinspolitik
wegen ihrer zeitlich verzögerten Wirkung abzielen sollte. Dies ergab
ein Vergleich der beiden Notenbanken, den der Bochumer Professor mit
seinem Bayreuther Kollegen Martin Leschke und dem Chefvolkswirt von
Barclays Capital Deutschland, Thorsten Polleit, ausgearbeitet und als
dritte Studie der Gruppe "ECB Observer" vorgelegt hat.
Im Vergleich zur EZB ist die geldpolitische Strategie der Fed der
Analyse zufolge verschwommener. Es gebe weder eine Definition oder
einen Zielwert, wann stabile Preise erreicht seien, noch eine
veröffentlichte Strategie, wie dies erreicht werden solle. Die EZB
dagegen verstehe unter Preisstabilität eine Jahresteuerung unter zwei
Prozent und habe die bekannte Strategie, ihre Zinsentscheidungen an
der Geldmenge einerseits und einem Bündel von Indikatoren für die
Inflation andererseits auszurichten. Von ihren Grundlagen her laufe
die Fed deshalb Gefahr, zu beliebig oder prozyklisch zu entscheiden
und biete der Politik mehr Angriffsfläche für Einflussnahme.
Greenspan-Faktor
Dass die Fed dennoch ebenso wie die EZB erfolgreich für ein
stabiles Preisniveau gesorgt habe, liege vor allem an der hohen
Reputation ihre Präsidenten Alan Greenspan. "Mit einem Amtswechsel
wird ein Großteil dieses Reputationskapitals verloren gehen, es muss
dann neu aufgebaut werden", sagte Köster. Die Glaubwürdigkeit der EZB
fuße dagegen weniger auf den Personen als auf dem institutionellen
Rahmen, der die politische Unabhängigkeit der Notenbank gesetzlich
garantiert, und sei deshalb kontinuierlicher. (APA/Reuters)