Wien/Bregenz - Vor der letzten Schularbeit vor Ferienende wird die Frage "Ist noch was zu retten?" oft am dringendsten. Doch für Reinhard Agerer von der schulpsychologischen Beratungsstelle in Bludenz "ist die Luft jetzt schon draußen" am Schulschluss. Den Hauptteil der Beratungen für sorgenvolle Eltern mit ihren Töchtern und Söhnen im Schlepptau hat er nämlich schon "April, Mai" erledigt. Da wird er am öftesten wegen Lerntechniken, Bildungsberatung und Soforthilfe gegen schlechte Noten konsultiert.

Diese Verschiebung habe das Notenfrühwarnsystem gebracht, bestätigt die Kärntner Referatsleiterin Christine Kampfer-Löberbauer. Sie hat in den letzten Wochen vor allem eines betrieben: Krisenintervention. Allerdings nicht bloß wegen schlechter Noten und wie man sie noch abwenden kann. "Sondern wegen Äußerungen von Kindern."

Manche seien so unerklärlich diffus, dass Lehrer lieber gleich bei den Schulpsychologen um Rat fragten, was zu tun sei – etwa wegen vermuteter Suizidgefahr. Es gebe auch Schüler, die sich aus unerklärlichen Gründen völlig zurückzögen. Oder manch Schüler habe halblaut angedroht, "ich habe eine Waffe". "Man merkt, Lehrer sind feinfühliger geworden." Was Kampfer-Löberbauer nicht zuletzt auf die Tat eines Schülers im deutschen Erfurt vor wenigen Wochen zurückführt.

Eine "Blaulichtaktion" wie dies Peter Seyfried, Leiter der Schulpsychologie im oberösterreichischen Lan_des_schulrat, nennt, machen auch gerade seine Beraterkollegen in Gmunden. Sie sind noch immer mit jenen Schülern in Bad Goisern in Kontakt, die kürzlich erfahren mussten, dass zwei ihrer Freunde in einem Baumhaus verbrannt sind.

Neue alte Probleme

Die Art der zu besprechenden Probleme in den jährlich bis zu 100.000 Beratungsgesprächen österreichweit (laut Statistik des Bildungsministeriums), sind praktisch wiederkehrend über die Jahrzehnte. Mobbing, Interkulturelles Lernen, Diskalkulie und Legasthenie – alles Themen, die Peter Seyfried in seiner 27- jährigen Beratertätigkeit vielfach gehört hat. Nur ein Instrument zur Konfliktbewältigung werde neuerdings immer öfter nachgefragt. Jenes der Mediation. (Andrea Waldbrunner/DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2002)