Mit seinem am Wochenende verkündeten Koalitionsaustritt hat der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica nur die Tatsachen formal nachvollzogen: Das von Anfang an so heterogene serbische Parteienbündnis DOS, dessen einziger Zweck die Ablöse von Slobodan Milosevic war, besteht schon seit langem nicht mehr.

Was Kostunica und seinen Bündnis-"Partner" Zoran Djindjic, den serbischen Regierungschef, bisher zusammengehalten hat, war die Einsicht, dass eine Trennung die politischen Überlebenschancen jedes Einzelnen dramatisch verringern würde: Kostunica ist nach wie vor der bei weitem populärste Politiker Serbiens, Djindjic genießt weit stärker als sein Widerpart die Unterstützung des Westens - und das bedeutet vor allem Finanzhilfe, ohne die Serbien nicht überleben könnte.

Über jeden Zweifel erhaben sind sie beide nicht. Kostunicas Nationalismus ist zwar kein rabiater à la Milosevic, aber eben doch ein Nationalismus, der die bekannten serbischen Reflexe und Mythen bedient. Zugleich aber ist Kostunica in Staats- und Demokratiefragen ein ausgeprägter Legalist, was für dieses Land auch keine Selbstverständlichkeit ist: Er besteht auf verfassungsrechtlicher Korrektheit aller staatspolitischen Vorgänge, auch was den Übergang zu dem neuen Staat "Serbien und Montenegro" betrifft.

Djindjic dagegen ist ein kaltblütiger Pragmatiker, der sich Einfluss und Macht dort holt, wo sie zu haben sind; das hat er zuletzt mit der Absetzung angeblich pflichtvergessener Abgeordneter der Kostunica-Partei bewiesen.

Trotz des nun vollzogenen Bruchs scheinen Kostunica wie Djindjic aber immer noch Realisten genug zu sein, um ihre Gegnerschaft nicht in offene Feindschaft umschlagen zu lassen. Denn die erneute nationale Polarisierung, die unweigerlich folgen würde, wäre das Letzte, was Serbien braucht. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2002)