Europa
Frankreichs Kommunisten wollen ihre politische Rolle neu definieren
Nationale Konferenz am Mittwoch und Donnerstag - Parteipräsident Hue in Frage gestellt
Paris - Die 220 Mitglieder des "Nationalrats" der
kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) haben dieses Wochenende
beschlossen, dass die politische Rolle der PCF am Mittwoch und
Donnerstag im Rahmen einer "nationalen Konferenz" neu definiert
werden soll. "Die Partei ist mit vitalen Themen konfrontiert. Man
muss einen Weg finden, um auf den Vorstoß der Rechten zu reagieren
und eine Alternative im linken Lager zu bilden", erklärte Francois
Gau, Mitglied der PCF-Leitung, im Anschluss an die Versammlung des
"Nationalrats". "Es reicht nicht, wenn wir eine Debatte abhalten. Die nationale
Konferenz wird auch sehr wichtige Entscheidungen treffen,
Entscheidungen über die künftigen Aktionen und zur Präzisierung
unserer Position", fügte Gau hinzu. Nach der Konferenz steht die PCF
nach Angaben Gaus vor einem "Neuanfang". Geplant sei in dem
Zusammenhang auch eine Öffnung der Partei auf die Zivilgesellschaft,
insbesondere die militante Basis, die Bürgerinitiativen und die
Vereinigungen. Die Parteianhänger wollen nunmehr "Akteure und
Entscheidungsträger" sein, betonte der Kommunist. Es sollen nunmehr
die Weichen für eine künftige Machtablöse an der Regierung gelegt
werden.
Besonders umstritten war bei der Sitzung des "Nationalrates" die
Rolle von Parteipräsident Robert Hue. Bei der jüngsten
Präsidentenwahl hatte er mit 3,37 Prozent der Vorzugsstimmen das
schlechteste Ergebnis in der Parteigeschichte erlebt. Bei den
anschließenden Parlamentswahlen sank die Anzahl der PCF-Mandate von
35 auf 22 ab. Angesichts dieser Abdrift setzte sich an der
Parteispitze die Forderung nach einem Sonderparteitag zum
"Wiederaufbau" der PCF durch.
Weder Hue noch die nationale Parteisekretärin Marie-George Buffet
scheinen allerdings bereit dazu, ihr Mandat spontan aufs Spiel zu
setzen. Gegen sie wurde ein Appell eingereicht, den etwa 30 Vertreter
des orthodoxen Parteiflügels unterzeichnet haben. Darin wird ein
Führungswechsel an der Spitze der Partei und eine "Erhärtung" der
politischen Linie gefordert. Die Anhänger Hues allerdings verteidigen
dessen Linie der "Mutation", durch welche die PCF in eine
sozialdemokratische Kraft verwandelt werden soll. Sie sprechen sich
für einen "Gründungsparteitag" aus, um die kommunistische Partei des
21. Jahrhunderts zu schaffen. (APA)