Salzburg - Der Prozess um die verheerende Bandkatastrophe von Kaprun muss nicht unterbrochen werden - die von mehreren Verteidigern der 16 Beschuldigten heftig attackierten Sachverständigen behalten erwartungsgemäß ihre Funktion. Richter Manfred Seiss wies am Freitag die Anträge gegen die Gutachter Anton Muhr, Klaus Hellmich und Edwin Engel ab.Wie berichtet, sehen mehrere Anwälte die Gutachter als befangen an, weil sie vor Prozessbeginn via Medien Wertungen vorgenommen hatten. Zudem seien Untersuchungsergebnisse schon vor deren Aufnahme in den Gerichtsakt veröffentlicht worden. Eine "Beeinträchtigung durch sachfremde, psychologische Motive" ergibt sich für Seiss daraus jedoch nicht. Ob sich jemand "schon vor der Verhandlung eine Meinung gebildet hat, ist unerheblich". Die Öffentlichkeit sei ohnehin durch eine große Pressekonferenz von Justiz und Exekutive sowie die Besichtigung des Unglückszuges durch Opferangehörige vergangenes Jahr informiert gewesen. Seiss' Entscheidung kam nicht überraschend. Hätte er Gutachter für befangen erklärt, wäre der Prozess geplatzt. Das Verfahren um die größte Brandkatastrophe der Zweiten Republik, bei der 155 menschen ums Leben kamen, wird planmäßig fortgesetzt. Wesentlich Neues war am vierten Prozesstag nicht zu hören. Wie tags zuvor Gletscherbahnen-Direktor Manfred Müller weigerte sich auch Betriebsleiter Günther Brennsteiner auf Fragen der Privatbeteiligtenvertreter zu antworten. Eine Stunde lang wurden Fragen verlesen, der Beschuldigte blieb stumm. Auf Fragen der Opferanwälte will Brennsteiners Anwalt Wilfried Haslauer schriftlich antworten. (stet, neu/DER STANDARD, Printausgabe 22./23.06.2002)