Gesundheitspolitik
FPÖ vermutet Wertpapier-Spekulationen mit Rücklagen
Schweitzer für rasche Zusammenlegung der Kassen - Gesundheits- Staatssekretär Waneck zurückhaltend
Wien - Die FPÖ verdächtigt die Krankenkassen, bei der
Veranlagung ihrer Rücklagen am Wertpapiermarkt Gelder "verspekuliert"
zu haben. In einer Pressekonferenz am Freitag wiesen Staatssekretär
Reinhart Waneck, Generalsekretär Karl Schweitzer und Abg. Beate
Hartinger unter Hinweis auf die Rücklagen gleichzeitig die
Ankündigung mancher Kassen zurück, wegen des Sanierungspakets
Leistungskürzungen vornehmen zu müssen. Schweitzer forderte vehement
die Zusammenlegung der Kassen, Waneck war hier etwas zurückhaltender. Leistungskürzungen seien nicht nötig, "Geld ist vorhanden, es wird
nur schlecht gewirtschaftet", sagte Waneck. So sei im vergangenen
Jahr de facto das "Nulldefizit" bei den Krankenkassen erreicht worden
- sei doch der Abgang von 148 Mill. Euro bzw. rund zwei Mrd. S durch
den Ausgleichsfonds mit 145 Mill. Euro (1,99 Mrd. S) gedeckt. Für
heuer zeichne sich ein niedrigerer Abgang ab als prognostiziert: Wenn
die Entwicklung des ersten Quartals anhalte, werde man nicht 232
Mill. Euro Defizit haben, sondern 160 Mill. Euro.
Die FPÖ-Politiker griffen vor allem die Krankenkassen
Niederösterreichs, Oberösterreichs und Vorarlbergs an, jene Kassen
mit höheren Überschüssen, die sich am schärfsten dagegen wehren, dass
sie mit Darlehen finanzschwachen Kassen unter die Arme greifen
sollen. Sie verteilten eine Aufstellung der Rücklagen, aus der
hervorgeht, dass 2001 NÖ 19,22 Prozent (244 Mill. Euro), OÖ 22,88
Prozent (295 Mill. Euro) und Vorarlberg 27,98 Prozent (94 Mill. Euro)
der Einnahmen an Rücklagen (um das Defizit bereinigt) gebildet habe.
Nicht erwähnt wurde Salzburg, das mit 30,25 Prozent (144,5 Mill.
Euro) an der Spitze liegt. Insgesamt betrugen die Rücklagen laut
Schweitzer mit Jahresende 2001 abzüglich der Immobilienwerte 1,45
Mrd. Euro.
"Da ist man besorgt, dass man einem alte Pfründe und die
Spielwiese, mit den Klientengeldern Spekulationen zu machen,
wegnimmt", hielt Waneck der Kritik am Sanierungspaket entgegen. Er
versicherte, dass keiner Kasse Geld weggenommen werde, sondern die
Darlehen mit Zinsen zurückgezahlt würden. Der Forderung, die Gelder
für die finanzschwachen Kassen sollten am Kapitalmarkt aufgenommen
werden, wies er scharf zurück: Das wäre "gröbster Unsinn"; die
Kassen, die genügend Geld hätten, müssten es solidarisch den
finanzschwachen gegen Zinsen zur Verfügung stellen. Dies wäre auch
sicherer, als das Geld spekulativ in Wertpapieren anzulegen.
Es könne nicht sein, dass vom Beitragszahler höhere Selbstbehalte
verlangt oder Leistungen gekürzt werden, "nur weil man so viel
zurücklegt" und "einige Kassenbosse offenbar daran Gefallen finden,
an der Börse zu spekulieren", sagte Schweitzer. Er gab die
"Garantie", dass es keine Erhöhung der Selbstbehalte und keine
Kürzungen der Leistungen geben werde. Angesprochen darauf, dass der
stellvertretende FPÖ-Chef Hubert Gorbach (Vorarlberg) das
Sanierungspaket ablehnt, meinte Schweitzer: Als Landespolitiker, der
"von politischen Mitbewerbern unter Druck gesetzt wird", könne
Gorbach "diese Position nicht so vertreten, wie wir sie vertreten".
Man werde aber auch Gorbach überzeugen.
Nicht ganz einheitlich zeigten sich die FPÖ-Politiker in Sachen
Zusammenlegung der Kassen: Für Schweitzer ist das "die Lösung aller
Probleme". "Wir werden uns gegen Widerstand, den es gibt,
durchsetzen" - die 61. ASVG-Novelle werde sich mit diesem Thema
"auseinander setzen". Zurückhaltender Waneck: Er verwies auf das
Regierungsübereinkommen, meinte, man müsse "politische Reaktionen
berücksichtigen" - und sprach sich für "kleine Schritte" aus, z.B.
die Reduktion der Verrechnungsstellen von über 60 auf sechs bis zehn.
Letztlich wäre freilich eine Krankenkasse mit neun Landesstellen
"logisch".
Hartinger bemängelte fehlende Transparenz und mangelnde Kontrolle
in den Krankenkassen. Der von Kassenvertretern ankündigten Klage
wegen ihres Vorwurfs von Provisionsflüssen "warte ich mit Sehnsucht
entgegen", sagte sie. Und befragt nach konkreten Hinweisen:
"Konkretes habe ich nicht, aber es ist möglich."
Bei der Pressekonferenz war auch ein Vertreter der Wiener
Gebietskrankenkasse anwesend, der darauf hinwies, dass es seit zwei
Jahren durch gesetzliche Maßnahmen Leistungskürzungen gebe - und mit
dem Sanierungspaket jene Kassen, die sie noch nicht umgesetzt haben,
gezwungen würden, das zu tun. Schweitzer griff ihn heftig an: Ob es
stimme, dass die Kassenmanager den "Aufstand proben, um die
Wenderegierung zu Fall zu bringen?"(APA)