International
Lubbers kritisiert wachsende Gleichgültigkeit gegenüber dem Flüchtlingselend
UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge: Die mangelnde Unterstützung mache Flüchtlingslager zu "Brutstätten der Verzweiflung"
Genf/New York/Wien - UNO-Flüchtlingshochkommissar
Ruud Lubbers hat die wachsende Gleichgültigkeit gegenüber dem
weltweiten Flüchtlingselend scharf kritisiert. Die Zurückhaltung der
Geberländer sei "kurzsichtig"; mangelnde Unterstützung mache
Flüchtlingslager zu "Brutstätten der Verzweiflung" und die
Flüchtlinge zu Opfern von Schleppern, warnte Lubbers anlässlich des
Weltflüchtlingstags am Donnerstag. UNO-Generalsekretär Kofi Annan
verurteilte die zunehmenden Bemühungen von Regierungen, die Grenzen
zu schließen. Einige Länder stigmatisierten Asylbewerber als
potenzielle Kriminelle, klagte Annan mit Blick auf den EU-Gipfel in
Sevilla, bei dem es auch um illegale Einwanderung gehen wird.Situation von Frauen beim UNO-Weltflüchtlingstag im Mittelpunkt
Der Weltflüchtlingstag war in diesem Jahr den Flüchtlingsfrauen
gewidmet. Nach der jüngsten UN-Statistik waren zwölf Millionen
Flüchtlinge im vergangenen Jahr auf UNO-Hilfe angewiesen, davon waren
80 Prozent Frauen mit ihren Kindern. Annan würdigte den Mut der
Frauen "und ihre Entschlossenheit, ihre Familien zusammenzuhalten".
UNO-Flüchtlingskommissar (UNHCR) Lubbers rief dazu auf,
sicherzustellen, "dass ihre Stimmen gehört werden, sie ihre
Möglichkeiten entfalten können und ihre Rolle voll anerkannt wird".
Er erinnerte an ein Maßnahmenpaket, mit dem seine Organisation den
Schutz der Frauen vor sexuellen Übergriffen sowie ihre Rolle
innerhalb der Flüchtlingslager stärken will.
"Wenn sie nach Führung suchen, denken Sie an uns - nur, weil viele
Frauen einen Schleier tragen, bedeutet das noch nicht, dass sie keine
Stimme haben", beschwor die afghanische Flüchtlingsfrau Jamila im
Namen ihrer Geschlechtsgenossinnen den UNO-Sicherheitsrat in New
York. Immer wieder habe sie sich anhören müssen, afghanische Frauen
hätten keinen Sinn für Politik, Frieden und Sicherheit sei Sache der
Männer. Ihre Erfahrung sei anders: "20 Jahre lang musste ich mit
ansehen, dass die Männer an der Macht nur Krieg und Elend brachten."
Amnesty warnt vor verfrühter Heimkehr afghanischer Flüchtlinge
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) warnte
vor einer sofortigen Rückkehr der afghanischen Flüchtlinge in ihre
Heimat. In der gegenwärtigen Übergangsphase sei es "verfrüht,
unverantwortlich und unhaltbar", Flüchtlinge zur Rückkehr zu
ermutigen oder zu zwingen. Noch immer gebe es Kämpfe im Landesinneren
und eine hohe Gefahr durch Landminen, die Kriminalität sei hoch und
Frauen seien weiterhin Missbrauch ausgesetzt.
OSZE: Schmuggler ziehen Menschenhandel dem Drogengeschäft vor
Schmugglerbanden ziehen nach Informationen der Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) inzwischen den
Menschenhandel dem Geschäft mit Drogen vor. Weltweit würden jedes
Jahr Millionen von Männern, Frauen und Kindern verschleppt und zu
einer sklavenähnlichen Existenz gezwungen, sagte ein OSZE-Vertreter
in Bangkok auf einer Konferenz zur "menschlichen Dimension der
Sicherheit". Das Geschäft mit Menschen brächte jährlich mehrere
Milliarden Dollar ein und sei somit lukrativer und weniger riskant
als der Rauschgiftschmuggel. Trotz der immer strikter werdenden
Maßnahmen nehme der Menschenhandel weltweit stetig zu, warnte der
OSZE-Vertreter.
Sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Osten der
Demokratischen Republik Kongo prangerte die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch an. An dieser Art von
Kriegsverbrechen seien alle Parteien des Kongo-Konflikts beteiligt,
heißt es in einem am Donnerstag in Brüssel vorgelegten Bericht der
Organisation. Der 114 Seiten umfassende Report dokumentiere häufige
und manchmal systematische Vergewaltigungen sowie andere Formen
sexueller Gewalt in östlichen Regionen des Kongo, die von Ruanda
besetzt seien.
UNHCR-Aktion in Wien
Österreichische Flüchtlingsorganisationen beklagten bei einer
UNHCR-Aktion in Wien die fehlende Krankenversicherung für
Asylbewerber in Österreich. "Zwei Drittel der Asylbewerber sind nicht
in Bundesbetreuung und stehen somit ohne Krankenversicherung auf der
Straße", kritisierte Michael Bubik vom Evangelischen
Flüchtlingsdienst auf der Informationsveranstaltung. Heinz Patzelt
von ai Österreich erklärte, es sei ein "Skandal", dass es in
Österreich kein staatliches Angebot einer psychotherapeutischen
Behandlung für Folteropfer gebe. "SOS-Mitmensch" beklagte die
engherzige "Asylpolitik des Abschreckens und des Wegschauens".(APA/dpa)