Ökologie
Gutachter- Befangenheitsanträge abgelehnt
Gericht von der persönlichen und fachlichen Qualifikation der drei Sachverständigen überzeugt
Salzburg - Zu Beginn des vierten Verhandlungstages um die
Seilbahn-Katastrophe von Kaprun, bei der 155 Menschen am 11. November
2000 ums Leben gekommen waren, lehnte Richter Manfred Seiss die
gestellten Befangenheitsanträge bezüglich von drei Sachverständigen
ab. Das Gericht sei von der persönlichen und fachlichen Qualifikation
der drei Gutachter überzeugt - auch würde es keinen Grund für eine
Nichtigkeit geben, erläuterte Seiss heute, Freitag, beim Prozess im
Salzburger Kolpinghaus. Die Sachverständigen Klaus Hellmich, Anton Muhr und Edwin Engel
"werden vom Gericht für nicht befangen erklärt und weiter
herangezogen", sagte der Vorsitzende. Die Gutachter sollen zur
"Sachkunde beitragen helfen - die Rechtsfrage muss sowieso das
Gericht klären", stellte Seiss fest. Befangen könne ein Experte nur
dann sein, wenn er schon im Vorhinein seine Meinung kund tue.
Zwei Gutachter aus Deutschland
Muhr sei schon als Brandursachenermittler beim Tauerntunnelbrand
tätig erwiesen und habe sich bestens bewährt. Engel sei
Sachverständiger für die Seilbahntechnik und Hellwig, Leiter einer
Dekra-Abteilung, wäre von der Untersuchungsrichterin sofort vereidigt
worden. Dass zwei Gutachter (Hellmich und Muhr sind beide bei Dekra
beschäftigt, Anm.) aus Deutschland kämen, begründete Seiss mit der
besonders hohen Zahl an ausländischen Opfern; außerdem gebe es im
deutschsprachigen Raum keinen Sachverständigen für
Brandursachenermittlung bei Seilbahnen.
Ferner sei es völlig egal, "ob die Glühbirne einer Lampe oder
eines Fahrzeuges untersucht wird." Was das Öffnen von Türen betrifft,
wäre es ebenfalls unbedeutend, ob sich dabei um eine U-Bahn oder
Seilbahn handle, so der Richter.
Behörden scheuten keine Pressekonferenz
Zu den von den Verteidigern am Donnerstag gezeigten
Videofilmen, die den Befangenheitsantrag untermauern sollten, merkte
der Vorsitzende an: In Anbetracht des Verfahrens sei von den Behörden
keine Pressekonferenz gescheut worden und schon lange vor der
Ausstrahlung der beiden Videos mit den Stellungnahmen von Hellmich
beziehungsweise Muhr seien die Gutachten schon lange Zeit vorher
zeitgleich in Salzburg und Linz den Journalisten präsentiert worden.
Außerdem sei das Material nicht von den beiden Gutachtern dem
Fernsehen zur Verfügung gestellt worden, so Seiss.
Zu Anträgen von Rechtsanwälten, dass sie die im Akt ersichtlichen
Zeugenaussagen nicht als verlesen gelten lassen wollen, meinte Seiss:
"Dann wären rund 200 Personen zu laden. Ich habe nichts dagegen, aber
es ist nicht sehr zweckdienlich". Der Richter appellierte vielmehr,
dass der Lokalaugenschein in Linz vorgezogen und die Überlebenden des
Unglücks zuerst ein genommen werden sollten
Rechtfertigen müssen sich beim Prozess drei Mitarbeiter der
Gletscherbahnen, drei Beamte, zwei Gutachter, fünf Techniker
verschiedener Firmen und drei Männer, die für den Einbau einer
Brandschutztür im Alpincenter verantwortlich waren. Die Anklage
lautet in 13 Fällen auf fahrlässige Herbeiführung einer Feuersbrunst
(Strafandrohung von mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren) und
bei drei Beschuldigten fahrlässige Gemeingefährdung (Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren). (APA)