Lange Zeit auf den Fußballbühnen schmerzlich vermisst: Ronaldo

Hamamatsu/Japan - Vor vier Jahren wurde er zum großen Rätsel, jetzt ist er die Riesen-Überraschung: An Ronaldos sportlicher Auferstehung bei der Weltmeisterschaft hat die ganze Fußball-Welt ihre Freude - nur nicht die Gegner. Kaum jemand hätte vor drei Wochen gedacht, dass das jahrelang vom Verletzungspech heimgesuchte "Phänomen" bei den Titelkämpfen in Asien so torhungrig zurückkehren würde. Müde belächelt wurde er, als er vor WM-Beginn mit Lausbubengrinsen verkündet hatte: "Setzt Geld auf mich, ihr werdet Millionäre." "Es ist schön, dass er wieder da ist" Inzwischen belächelt ihn niemand mehr. Nach seinem fünften WM-Treffer zum 2:0 gegen Belgien führt Brasiliens wieder erstarkter Wunderstürmer gemeinsam mit Miroslav Klose die Torschützenliste an. "Ich habe ihn noch nie so fit gesehen in den letzten vier Jahren", staunte Englands Trainer Sven-Göran Eriksson, nachdem er den Viertelfinal-Kontrahenten persönlich in Augenschein genommen hatte. Franz Beckenbauer spricht indes aus, was viele denken: "Es ist schön, dass er zurück ist. Ich habe großen Spaß, ihm bei seiner unnachahmlichen Art, Fußball zu spielen, zuzusehen." Ronaldos Leidensweg Dass Ronaldo überhaupt wieder spielt, grenzt an ein Wunder. Bis vor Kurzem galt er nach schwersten Knieverletzungen und missglückten Comeback-Versuchen als Sportinvalide und größte "Geldvernichtungsaktion" seines Klubs Inter Mailand. Ronaldos Leidenszeit begann aber bereits vor vier Jahren mit dem 0:3-Endspiel-Debakel gegen Frankreich im Stadion von St. Denis. Bis heute ist nicht geklärt, warum der damals 21-Jährige am Vorabend von epilepsieartigen Anfällen heimgesucht wurde - und auf wessen Geheiß er im Finale trotzdem den Rasen betrat. "Ich habe sehr viel geheult" Seitdem kam Ronaldo Luiz Nazario de Lima, wie der Star bürgerlich heißt, nie mehr richtig auf die Beine. Zwei Mal rissen Bänder und Sehnen des rechten Knies. Beim Comeback-Versuch im April 2000 in Italien riss abermals die operierte Patellasehne. Wieder kämpfte er sich heran, doch noch bis kurz vor WM-Beginn litt er unter Muskelproblemen - und Depressionen. "Ich habe sehr viel geheult", gibt er heute offen zu. Frau Milene und Sohn Ronald (2) hätten sehr darunter gelitten. Zweitrangige Torjägerkrone Die Ärzte wollten für nichts mehr garantieren, ganz Brasilien spekulierte mit einem Ende der Karriere. Nur Coach Luiz Felipe Scolari setzte beharrlich auf seinen Liebling. Der zahlt jetzt mit Toren und bescheidenen Worten zurück. "Der Kampf um die Torjägerkrone ist zweitrangig. Wichtig ist, dass Brasilien hier seinen fünften WM-Titel holt", sagte er nach dem Einzug ins Viertelfinale. Auf der Jagd nach Peles Torrekord Noch mindestens drei Tore hat er sich für den weiteren WM-Verlauf zum Ziel gesetzt. Dann wäre er mit insgesamt zwölf Treffern bei zwei Weltmeisterschaften genau so erfolgreich wie Pele bei seinen vier WM-Teilnahmen. An seinem Thron könne er aber trotzdem nicht rütteln, mahnte Brasiliens 61 Jahre alter Fußball-König: "Ronaldo mag der beliebteste Fußballer der Gegenwart sein, aber mit mir kann er sich erst vergleichen, wenn er etwas Großes gewinnt."(APA)