Madrid/Paris/Wien - Die innere Sicherheit in der EU, Migration und Asylpolitik: Diese Themen werden nach Ansicht von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) den bevorstehenden EU-Gipfel in Sevilla beherrschen. Nach Darstellung des spanischen Ratspräsidenten und Regierungschefs Jose Maria Aznar haben sich die EU-Staaten praktisch vollständig über Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung geeinigt. Vor dem EU-Gipfel am Freitag in Sevilla seien nur noch "kleine Detailfragen" offen, sagte Aznar nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac am Dienstag in Paris. Spaniens Außenminister Josep Pique wies in einem Interview den Vorwurf zurück, Spanien gebe in der Immigrationsfrage eine harte Linie vor.Aznar: Keine "Festung Europa" Aznar betonte, "wir haben nicht die Absicht, aus Europa eine Festung zu machen". Die Vorschläge der spanischen Ratspräsidentschaft zur Asylpolitik betreffen die aktive Bekämpfung der illegalen Zuwanderung, die Sicherung der Außengrenzen sowie die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern. Umstritten war bisher unter anderem der Vorschlag, Entwicklungshilfe der EU an die Bereitschaft von Empfängerländern zur Rücknahme illegal eingereister Zuwanderer zu knüpfen. Chirac bestätigte, dass Frankreich "mit fast allen Vorschlägen der spanischen Ratspräsidentschaft einverstanden" sei. Pique sagte gegenüber der spanischen Tageszeitung "El Pais" (Mittwoch-Ausgabe), die spanische EU-Präsidentschaft verfechte keine harte Linie bei der Einwanderungsproblematik, sondern versuche, "einen Aktionsraum zu finden, der eine gemeinsame Immigrations- und Asylpolitik erlaubt". Dass eine solche notwendig sei, stelle niemand in Frage, so der Außenminister. Pique sprach auch den unterschiedlichen Zugang zu der Problematik gegenüber Drittländern an. Unter Hinweis auf den Justiz- und Innenministerrat sagte Pique, die EU-Partner müssten ständig die Listen jener Staaten überprüfen, mit denen Visumsregelungen bestehen. Dies werde auch auf dem EU-Gipfel bekräftigt werden. Bundeskanzler Schüssel sagte vor der Abreise nach Sevilla, Österreich bekenne sich zu einem entschlossenen Vorgehen gegen Drittländer, die in dieser Frage nicht zur Zusammenarbeit bereit sind. Andere, etwa die skandinavischen Länder, die geografisch nicht so nahe an den Einwandererrouten liegen, vertreten hierbei eine weichere Haltung. Schüssel sagte, das Konzept der Regierung ziele auf direkte Hilfe in den Herkunftsländern der Zuwanderer ab. Die Regierung sei "sehr beunruhigt, dass unsere Hilfe nicht immer richtig verwendet wird", so Schüssel. Die meisten illegalen Immigranten kommen aus Afghanistan, Rumänien, der Ukraine, Serbien und dem Irak nach Österreich. "Es ist kein Kampf für eine Festung Europa, sondern ein Kampf gegen Menschenhandel und -schmuggel", sagte Schüssel am Mittwoch vor Journalisten. Österreich sei von illegaler Immigration massiv und pro Kopf stärker betroffen als andere Länder: Im vergangenen Jahr wurden 48.700 Personen beim Versuch des illegalen Grenzübertritts nach Österreich aufgegriffen, damit liege man in der europäischen Spitzengruppe. Mit 30.000 Asylanträgen liege Österreich auf Rang fünf. "Geregelte Einwanderung" Europa bekenne sich zu einer geregelten Einwanderung - aber Voraussetzung dafür müsse die Bekämpfung der illegalen Immigration sein, sagte Schüssel. Diese zentrale Aussage wollen die Staats- und Regierungschefs in Sevilla in einer politischen Grundsatzerklärung verankern. Ein Aktionsplan sieht die bessere Sicherung der Außengrenzen, die Schaffung eines gemeinsamen Asylraums und außenpolitische Maßnahmen gegenüber Drittländer im Kampf gegen illegale Migration vor. Eine zentrale Sammelstelle soll Zuständigkeitsfragen klären, Asylverfahren sollen künftig koordiniert werden. Fragen der EU-Erweiterung wird beim Gipfel in Sevilla vergleichsweise geringer Stellenwert zukommen. Der Vorsitzende des Reformkonvents, Valery Giscard d'Estaing, soll einen Zwischenbericht über die Arbeit des Konvents vorlegen. Die Frage über Direktzahlungen im Agrarbereich sei auf den Europäischen Rat in Brüssel vertagt worden, sagte Schüssel. Pique verwies darauf, dass der Konvent der Ort sei, an dem die Reformvorschläge debattiert werden.(APA)