Wien - Die Konsequenzen klingen nicht wirklich gesundheitsfördernd: Streichung der Gesundenuntersuchungen für zehn Jahre oder Entzug der Kosten für ärztliche Hilfe für 44 Tage für alle 244.603 Versicherten der Eisenbahner-Versicherung. Mit diesen Varianten illustrierte Obmann Johann Goger Dienstag die Auswirkungen der Regierungspläne für die Krankenkassen auf die Versicherung der Eisenbahnen (VA).

Denn diese Leistungen entsprechen genau jenem Betrag, den die Eisenbahner-Versicherung künftig in den Ausgleichsfonds (siehe Wissen) der Krankenkassen einzahlen soll - jährlich 13,2 Millionen Euro. Damit würden die Eisenbahner, die sich seit 1999 von einem Minus (- 19,69 Mio. Euro) auf ein Plus im Jahr 2001 (3,05 Mio. Euro) gehantelt haben, sofort wieder in die roten Zahlen gedrängt. 2006 wäre die VA zahlungsunfähig.

Geld wird blockiert

Um das zu verhindern, will man, so der Chef der Eisenbahner-Gewerkschaft, Wilhelm Haberzettl, beim Verfassungsgerichtshof klagen. Zudem wollen die Eisenbahner "ihr Geld" auf einem Treuhandkonto "vor unbefugtem Zugriff" durch den Hauptverband parken, so Haberzettl, der eine Beitragserhöhung (0,75 Cent bis 1,45 Euro monatlich) für alle forderte.

Auch der Vizegeneralsekretär der Wirtschaftskammer und VP-Abgeordnete Reinhold Mitterlehner hält die aktuellen Kassenpläne nur für eine "Variante, die Zeitaufschub gibt". Spätestens 2004 müssten die Krankenkassen mehr Geld bekommen: Entweder durch höhere Beiträge oder aber Selbstbehalte.

Gorbach gegen Haupt

Mehrere Gebietskrankenkassen wollen ebenfalls vor das Höchstgericht ziehen. Neben den Kassen machen auch die Länder gegen das Paket weiter mobil: Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber (VP) will die Regelung "seiner" Parteifreunde in Wien nicht akzeptieren - und wird von seinem Vize, Hubert Gorbach (FP) unterstützt. Gorbach will eine Gesetzesänderung, ansonsten gebe es eine Klage.

Die Koalition gibt sich vom Widerstand unbeeindruckt: Sowohl Kanzler Wolfgang Schüssel als auch Sozialminister Herbert Haupt und Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck betonten, dass man bei der Linie bleibe. "Jeder ist frei, seine Meinung zu sagen", näher wollte Schüssel die Verfassungsklagen nicht kommentieren. Die Regierung habe nicht Länderinteressen, sondern übergeordnete Interessen zu vertreten. Waneck attackierte indes den Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, Franz Bittner: Dieser sei zu sehr "Parteipolitiker" und zu wenig Gesundheitspolitiker. (eli, nim)

(DER STANDARD, Printausgabe, 19.6.2002)