Während in Frankreich die Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes erst ab 2004 Privathaushalte betreffen wird, kann in Österreich bereits seit Oktober letzten Jahres der Stromanbieter frei gewählt werden. Grundlage für die Liberalisierung bietet das Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz (ELWOG), das auch Anbietern aus EU-Ländern wie Drittstaaten den Zugang erlaubt - eingeschränkt allerdings durch eine Technik-, Gesundheits- und Umweltschutzklausel. Seit geraumer Zeit gibt es daher Importverbote gegenüber einigen Osteuropäischen Ländern. Dass diese Klausel(n) aber in der Praxis möglicherweise aufgrund internationaler Wirtschaftsabkommen unanwendbar sind, erörtert Gernot Fiebiger Liberalisierung und Zugangsbeschränkung Bevor die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie des Europäischen Parlaments 1996 in Kraft trat, war der "Elektrizitätssektor in der Europäischen Gemeinschaft grundsätzlich staatlichen Monopolen unterworfen". Infolge dessen fürcht(et)en kleine Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) durch Drittstaaten vom heimischen Markt verdrängt zu werden. Zusammen mit Umweltinteressensvertretungen, die sich mit einem Stromimport aus unsicheren Atomkraftwerken und/oder aus unsauberen Braunkohlekraftwerken konfrontiert sehen, setz(t)en Sie alles daran die Durchleitung von Strom aus Drittstaaten zu verhindern. Gerade auch im Zusammenhang mit der Temelin- Debatte scheint die Analyse der Beschränkung des Zugangs zum Österreichischen Strommarkt interessant: Theoretisch könnte ohne eine solche Beschränkung auch Strom aus dem Atomkraftwerk Temelin in das heimische Netz eingespeist werden. § 13 ELWOG und internationale Handelsabkommen Der § 13 des ELWOG sieht konkret Möglichkeit von Zugangsbeschränkungen vor, wenn bei der Stromerzeugung "unmittelbare oder mittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von [...] Menschen, Tieren und Pflanzen" besteht, bzw. kein Nachweis über die "ordnungsgemäße Entsorgung" von Abfällen erbracht werden kann. Zur Klärung, ob Umweltschutzklauseln für Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Möglichkeit darstellen, den Marktzugang für Elektrizitätsunternehmen aus Drittstaaten zu verweigern, sind nach Fiebiger sämtliche internationalen Abkommen heranzuziehen, die Auswirkungen auf den allgemeinen grenzüberschreitenden Handel haben. Dies sind im besonderem das General Agreement on Tarifs and Trade 1947 (GATT 1947), das "WTO [Welthandelsorganisation]-Übereinkommen 1994 samt Zusatzübereinkünften", insbesondere GATT 1947/1994 und das General Agreement on Trade in Services (GATS), und neben weiteren Verträgen der Vertrag über die Energiecharta 1998. Elektrizität - Ware oder Dienstleistung? Die Rechtsordnung der WTO gründet sich auf drei Säulen, die jeweils als multilaterale Handelsübereinkommen geschlossen wurden. Dem Übereinkommen zum Warenhandel (GATT 1994 u.a.), dem Übereinkommen über Dienstleistungshandel (GATS u.a.) und dem Übereinkommen zu den Rechten des geistigen Eigentums (TRIPS). Vorrangiges Ziel ist der Abbau von Zöllen und sonstigen Handelsschranken "sowie die Beseitigung von Diskriminierung in den internationalen Handelsbeziehungen". Doch wo kann hier die Lieferung bzw. Durchleitung von Elektrizität eingeordnet werden? Weder "product" noch "service" werden in den Übereinkommen generell definiert. Bisher bestand auch kein Anlass zur Klärung dieser Problematik, so ist eine Auslegung im Hinblick auf Elektrizität noch nicht erfolgt. Aus der Energiecharta 1998 sei nach Fiebiger aber zu schließen, dass Elektrizität als "product" verstanden wird, dem sich die WTO wahrscheinlich anschließt. Da im Transport von Waren eine klassische Dienstleistung gesehen wird, und Strom als Ware qualifiziert ist, kann davon ausgegangen werden, dass die "Verteilung von Strom auch als ‚Wirtschaftstätigkeit im Elektrizitätsbereich' und als ‚service' im Sinne des GATS angesehen werden" wird. Da sich das GATS allerdings auf bestimmte Dienstleistungsgruppen beschränkt, in welche der Energiebereich nicht fällt, bestehen in diesem Bereich keinerlei Verpflichtungen. § 13 ELWOG als Handelshemmnis Fiebiger geht weiter davon aus, dass Elektrizität voraussichtlich als Ware im Sinne des GATT 1947/1994 angesehen werden wird. Dem gemäß verstößt die Umweltklausel mit ihren Beschränkungen möglicherweise gegen das "Verbot der nichttarifmäßigen Handelshemmnisse". Dem Meistbegünstigungsprinzip, das Verbot der Diskriminierung von WTO-Mitgliedern widerspricht die Umweltklausel hingegen zunächst nicht, da allen WTO-Mitgliedern die gleichen "Rechte" eingeräumt werden. Wird allerdings beispielsweise einmal ungerechtfertigter Weise nicht Gebrauch von der Überprüfung der Umweltfreundlichkeit eines Elektrizitätsunternehmens gemacht, "so muss in der Folge jedem anderen ausländischen Unternehmen der Marktzugang unabhängig von den Umweltschutzstandards gewährt werden", denn das wäre ein Verstoß gegen das Meistbegünstigungsprinzip. Darüber hinaus stellt nach Fiebiger die Tatsache, dass §13 ELWOG pauschal Importe aus Drittstaaten verbietet, nämlich aus gesamten Staaten und nicht nur aus Einzelbetrieben, eine GATT 1947/1994-Widrigkeit dar. Allerdings kommen den Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte "in der EG aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht keine unmittelbare Wirkung zu", weshalb sich weder Gemeinschafts-EVU noch Drittstaats-EVU in einem österreichischen Verfahren auf diese Grundsätze berufen können. Die Arbeit ist im Volltext nachzulesen bei mnemopol.net .