Ludwigsburg - Nach dem haushohen Sieg der Bürgerlichen in Frankreich muss sich die Europäische Union nach Auffassung des Frankreich-Experten Henrik Uterwedde auf "knallharte Positionen" der Pariser Regierung einstellen. Der nun gestärkte neogaullistische Staatspräsident Jacques Chirac werde bei den Verhandlungen über notwendige Reformen ein "sehr harter Partner" sein, sagte der stellvertretende Leiter des deutsch-französischen Instituts in Ludwigsburg am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Auch auf die deutsch-französische Achse komme damit eine "schwierige Herausforderung" zu. Vor allem bei der Auseinandersetzung um die Finanzierung der EU-Agrarpolitik nach der geplanten Erweiterung sei zu befürchten, dass Chirac eine "knallharte pro-französische Interessenpolitik" vertreten wird, meint Uterwedde. In diesem Streit vertreten Berlin und Paris unterschiedliche Positionen: Die Bundesrepublik Deutschland, bereits heute mit Abstand der größte Nettozahler in der EU, will die bisherige Form der Direktbeihilfen nach der Osterweiterung nicht weiterführen, weil sie eine Kostenexplosion befürchtet. Frankreich hält dagegen an den Prinzipien der bisherigen EU-Agrarpolitik fest, von denen die französischen Landwirte ganz besonders profitieren. Bisher habe keine französische Regierung, weder links noch rechts, den Mut gehabt, den Franzosen klaren Wein einzuschenken und der Öffentlichkeit die dringend notwendigen EU-Reformen zu erläutern, betonte Uterwedde. Stattdessen habe Paris bei den Bürgern stets die "Illusion genährt", es könne seine Politik ohne Rücksicht auf die EU-Partner frei gestalten. Nach dem zurückliegenden Wahlkampf, der "keinerlei Botschaft für einen Aufbruch zu neuen Ufern" enthalten habe, sei zu befüchten, dass dieser Kurs fortgesetzt werden solle.(APA)