Wien - Auch wenn Herr Nieglückgehabt und Frau Immerdraufgezahlt wieder keinen Ferrari, keine 100.000 Euro und schon gar keine Reise auf einem Luxuskreuzer bekommen werden - Gerold Beneder wird sich hüten, Wörter wie "Betrug", "reinlegen" oder "abzocken" zu verwenden. Schließlich hat der Wiener Anwalt kein Lust, geklagt zu werden. Beneder klagt lieber selbst. Und zwar ordentlich.Im Namen von Dutzenden Nichtgewinnern brieflich zugesicherter Supergewinne ist Beneder derzeit eifrig dabei, jenen Unternehmen, die vor allem Pensionisten mit Briefen über vermeintliche Supergewinne Geld aus der Tasche ziehen, das Leben ein wenig schwerer zu machen: "Streitgenossenschaften" heißt das auf Juristisch - und wird in dieser Größenordnung in Österreich das erste Mal durchexerziert. "Ich will erreichen, dass die Leute bekommen, was ihnen in Briefen, die sogar mich als Juristen leicht zur Annahme bringen könnten, tatsächlich gewonnen zu haben, versprochen wird", erklärt der im Kampf gegen in- wie ausländische Gewinnzusageunternehmen bereits seit über einem Jahr aktive Wiener Jurist. Gut organisiert Das Geschäft mit den seltsamen Gewinnzusagen, hat Beneder recherchiert, ist wohl organisiert und millionenschwer: Vermeintliche Superpreise werden - in der Regel Menschen, deren Postleitzahlen verraten, dass sie wohl nicht im Wohlstand schwelgen - per Brief versprochen. Wer sie beziehen will, muss dann aber Nachnahme- oder Bearbeitungsgebühren bezahlen oder irgendwelche kleinere Bestellungen machen. Das wiederholt sich mehrmals - der große Preis kommt aber nie. Beneder: "Weil irgendwo - etwa auf der Innenseite des Rücksendekuverts - steht, dass es Klauseln gibt oder der Preis erst verlost werden wird." Seine Sammelklage ist allerdings nur ein weiteres Mosaiksteinchen im Versuch, unseriösen Gewinnbriefschreibern die Suppe zu versalzen. Schon 2001 erklärte der Oberste Gerichtshof, dass, wer einen Gewinn in einer Sprache verspricht, die dem Durchschnittskonsumenten als "eindeutig" erscheinen muss, diesen auch auszufolgen habe. Der Haken: Firmen, die im Ausland sitzen, können nicht belangt werden: Die Zuständigkeit der Gerichte ist nicht geklärt. Noch nicht: Beim Europäischen Gerichtshof in Straßburg liegt ein Antrag des Generalanwaltes, der vorschlägt, dass in derartigen Fällen in Zukunft der Wohnort des Adressaten als Gerichtsstand zu gelten hat. "In rund 80 Prozent aller Fällen", so Gerold Beneder optimistisch, "folgt der Gerichtshof der Empfehlung des Generalanwaltes." Doch auch anderweitig, hoffen Konsumentenschützer, könnte das üble Spiel mit den unsauberen Versprechen bald der Vergangenheit angehören: Fehlende Firmenbuchnummern-Erwähnungen diverser - oft nach gar nicht existenten Privatpersonen benannten - Gewinnversprecher in den Briefen können schon jetzt mit bis zu 2000 Euro pro Verstoß geahndet werden. Und (meist nicht in Österreich ansässige) Anwälte, die ihren Namen auf derartige Briefe setzen lassen, müssen nicht nur mit Klagen heimischer Advokaten rechnen, sondern erregen auch das Interesse ihrer Standesvertretungen daheim. (DER STANDARD, Print, 17.6.2002)