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Vladimír Spidla hat also das geschafft, was viele für unmöglich hielten. Mit dem Sieg bei den Wahlen vom vergangenen Wochenende konnte er nicht nur seinen großen politischen Widersacher Václav Klaus besiegen, sondern trat auch erfolgreich in die Fußstapfen seines Vorgängers Milos Zeman. Obwohl er in seiner Partei, der sozialdemokratischen CSSD, beliebt ist, hatten ihm das viele seiner Genossen nicht zugetraut. Der eher spröde wirkende Spidla ist nämlich das genaue Gegenteil von Zeman wie auch von Klaus. Während sich diese beiden Politiker auf Wahlkampfveranstaltungen, inmitten von Hunderten Menschen stets am wohlsten fühlten und sich zu Volkstribunen hochstilisierten, galt der studierte Historiker Spidla unter Werbestrategen lange Zeit als "unverkaufbar". Der Durchbruch im Wahlkampf gelang dem bisherigen Arbeits- und Sozialminister erst vor drei Wochen bei zwei Fernsehdebatten mit seinem Herausforderer Václav Klaus. Viele überraschte er dabei, denn er galt im Gegensatz zu Klaus nie als telegen. Während aber Spidla auf die Fragen des Moderators wie gewohnt sachlich antwortete und seinem Gegenüber mit der einen oder anderen witzigen Replik antwortete, legte Klaus die Maske des "unfehlbaren alternden Professors" auf. Das eine Mal hielt er die Fragen des Moderators für unangebracht, ein anderes Mal bezichtigte er Spidla selbst des Märchenerzählens. Die Reaktion der Öffentlichkeit auf diese Debatten war aber eindeutig: Während die Bürgerlichen in den Umfragen stagnierten, konnten die Sozialdemokraten gerade in den letzten beiden Wochen stark zulegen. Spidla selber blieb aber ruhig und ließ sich von den immer besser werdenden Prognosen nicht zu vorzeitigem Siegestaumel verleiten. Auch am Wahlsamstag hielt der Chef der Sozialdemokraten seine Emotionen hinter einer steinernen Miene verborgen. Es dauerte bis in den Abend, bis ihn seine feiernden Parteifreunde mit einem Glas Bier aus der Reserve locken konnten. Sein Privatleben konnte der 53-Jährige bisher mit Erfolg von den Medien fern halten. Seine Frau Viktoria brachte es in den vergangenen Tagen vielleicht auch deshalb gleich zweimal auf die Titelseiten tschechischer Tageszeitungen. Über Spidla selbst weiß man, dass er das zweite Mal verheiratet ist und sowohl aus seiner ersten als auch der zweiten Ehe zwei Kinder hat. Obwohl er seit einigen Jahren als Politiker in Prag tätig ist, wird ihm eine starke Bindung an seine südböhmische Heimat nachgesagt, wo er mit seiner Frau zumindest jedes Wochenende verbringt. In seiner Heimatgemeinde Jindrichuv Hradec (Neuhaus) hat er vor einigen Jahren einen tschechisch-österreichischen Freundeskreis ins Leben gerufen. (DER STANDARD, Print, 17.6.2002)