"Der europäische Kurs hat sich gehalten. In diesem Sinn hat die tschechische Demokratie funktioniert." Als der tschechische Botschafter Jirí Grusa dies am Samstagabend beim "Nachwahltreffen mit Gulasch" in der Wiener Mission sagte, zeigten die Hochrechnungen noch eine klarere Mehrheit für eine Mitte-links-Koalition als das spätere Endergebnis. Jedenfalls hoffe er, "dass Österreich und Tschechien jetzt wieder sachlich zusammenarbeiten können", meinte Grusa, der bereits als möglicher Kandidat für die Nachfolge von Staatspräsident Václav Havel genannt wurde.Die Reaktionen österreichischer Politiker hatten unterschiedliche Akzente. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer gratulierten Vladimír Spidla zum Wahlsieg. Gusenbauer sagte, die tschechische Bevölkerung habe dem Populisten Václav Klaus eine Absage erteilt. ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat und Grünen-Chef Alexander Van der Bellen äußerten ihre Hoffnung, dass jetzt wieder besser über die Probleme Temelín und Benes-Dekrete geredet werden könne. FPÖ-Generalsekretär Karl Schweitzer zeigte sich "nachdenklich" über die Zugewinne der Kommunisten, die sehr auf die Beibehaltung der Benes-Dekrete gesetzt hätten. Die Forderungen der FPÖ zu Temelín und Benes-Dekreten blieben jedenfalls die gleichen. Mitglied der EU als Wertegemeinschaft könne nur ein Land sein, dass die Menschenrechte wahre. Das sei mit den Benes-Dekreten nicht der Fall. (jk, DER STANDARD, Print, 17.6.2002)