Der Begriff "Mobbing" (aus dem Englischen: to mob = anpöbeln, attackieren) geht auf den Arbeitspsychologen Heinz Leymann zurück, der zu Beginn der 90er-Jahre systematische Feindseligkeiten am Arbeitsplatz wissenschaftlich untersucht hat. "Das Ziel ist, Menschen auszugrenzen, zu isolieren und vom Arbeitsplatz zu vertreiben", erklärt Anna Musger-Krieger, Leiterin der Mobbing-Anlaufstelle des ÖGB, der seit April letzten Jahres etwa 1200 Fälle untergekommen sind. Alle Hierachien Die Opfer, die sie berät, sind auf allen Hierarchieebenen zu finden - von der Putzfrau bis zum leitenden Angestellten. Ein Beispiel aus dem mittleren Management einer Bank, die mit einer anderen fusionierte, ist ihr nahe gegangen: "Zwei Abteilungen wurden zusammengelegt, nach einiger Zeit war klar, dass einer der beiden Abteilungsleiter gehen musste. Daraufhin bot ihm die Unternehmensleitung an, eine Zweigstelle in einem osteuropäischen Land aufzubauen - aus familiären Gründen konnte der Mitarbeiter nicht annehmen. Fazit: Er blieb zwar in heimischen Gefilden, bezog ein eigenes Büro, bekam aber kaum Kompetenzen zugesprochen, mit verheerenden Konsequenzen - sein Selbstwertgefühl schwand, er musste sich in Psychotherapie begeben. Eine einvernehmliche Trennung folgte - das Mobbingopfer zog anschließend die Selbstständigkeit vor." Das Problem sei strukturell bedingt - "etwa durch unklare Kompetenzverteilungen oder durch ein starkes Kommunikationsdefizit", weiß Klaus Niedl, Personalleiter des KSV, der sich seit Beginn der 90er-Jahre an der WU Wien auch wissenschaftlich mit dem Thema auseinander setzt. Durch enorme Veränderungen von Unternehmensstrukturen sei der Arbeitsdruck gestiegen, so der Experte - "ein Nährboden für Mobbing." Darunter sind folgende Konflikte zu verstehen:
  • Sie richten sich eindeutig gegen eine Person und dauern meist über einen längeren Zeitraum an.
  • Täter und Betroffener haben denselben Arbeitgeber und stehen in einer Arbeitsbeziehung zueinander.
  • Der Betroffene ist auf Dauer deutlich unterlegen, wird physisch oder psychisch krank.

    Wie kann man sich als Opfer helfen?

    In erster Linie sollte man mit Menschen sprechen, denen man vertraut. Um Beweismittel in der Hand zu haben, ist es wichtig, ein "Mobbing-Tagebuch" zu führen - worin Datum, Zeit und TeilnehmerInnen genau festgehalten werden. Schriftliche Zeugenaussagen untermauern die Glaubwürdigkeit. Rückzug und Isolation sind das falsche Mittel, denn fehlender Protest wird oft als Zustimmung gewertet.

    Nicht nur persönliche Schicksale, sondern auch die betriebliche Kostenexplosion gibt zu denken: "Die Fluktuationskosten betragen für eine Führungskraft bis zu 200.000 Euro", weiß der Arbeitsmediziner und Gründer des Instituts für betriebliche Gesundheitsförderung, Rudolf Karazman.

    Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Nina Bialowas, die im Rahmen ihrer Dissertation an der Grazer Karl-Franzens-Universität eine Ursachen- und Kostenanalyse von zehn Mobbingfällen erstellt hat: "Die jährlichen Verhinderungszeiten eines Gemobbten haben in einer Versicherung knapp 115 Tage betragen - das sind über 50 Prozent der Anwesenheitszeit pro Jahr. Jährlich entstanden dem Unternehmen Kosten von etwa 27.000 Euro, während der gesamte Mobbing-Periode waren es 320.000 Euro."

    Wie lässt sich Mobbing verhindern? "Es ist Aufgabe des Managements, Vorsorge zu treffen, etwa durch eine Betriebsvereinbarung, die klarstellt, dass sich feindseliges Verhalten nicht lohnt. Bei ersten Anzeichen liegt es an den Führungskräften, Ursachen herauszufinden. Keinesfalls sollten die Opfer schweigen", so Niedl.

    (Silvia Stefan/DER STANDARD, Printausgabe)