Washington/Jerusalem/Ramallah/Moskau - Unter dem Eindruck der nicht zum Stillstand kommenden Gewaltspirale im Nahen Osten erwägen die Vereinigten Staaten offenbar die Ausrufung eines "provisorischen" palästinensischen Staates. Ein solcher Schritt sei "eine von mehreren Optionen" zur Wiederbelebung des Friedensprozesses, sagte US-Regierungssprecher Ari Fleischer am Donnerstag (Ortszeit) in Washington, nachdem Präsident George W. Bush mit dem saudiarabischen Außenminister Prinz Saud el Faisal zusammengetroffen war. Der palästinensische Präsident Yasser Arafat hat unterdessen Russland aufgerufen, sich "unverzüglich" einzuschalten und dazu beizutragen, "die katastrophale Entwicklung in der Region zu überwinden". Bush lehnte es zunächst ab, mögliche Inhalte einer US-Friedensinitiative für den Nahen Osten zu kommentieren: "Ich werde meine Vision mitteilen, sobald sie da ist." Er betonte, dass alle Parteien in der Region "die Bürde" tragen müssten, die mit der Idee von zwei nebeneinander existierenden Staaten verbunden sei. Keine Einigung der G-8-Außenminister Die Außenminister der sieben führenden Industriemächte sowie Russlands (G-8) konnten sich am letzten Tag ihres zweitägigen Treffens in Whistler in Kanada in der Frage eines konkreten Zeitplans für eine Nahost-Friedensinitiative nicht einigen. Der EU-Außenpolitik-Beauftragte Javier Solana hatte einen solchen Zeitplan als sehr "hilfreich" bezeichnet. Auch der russische Außenminister Igor Iwanow plädierte für einen Zeitplan, der eine "klarere Perspektive" für eine Lösung der Krise brächte. Eine Botschaft Arafats wurde am Freitag der russischen Staatsführung durch den Botschafter Palästinas in Moskau, Hairi el Oridi, übergeben. Der palästinensische Vertreter drückte zugleich die Hoffnung aus, dass Arafat "in der nächsten Zeit die Möglichkeit erhält, Russland zu besuchen". Russland ist als Rechtsnachfolger der UdSSR zusammen mit den USA Ko-Schirmherr des Nahost-Friedensprozesses. Dahlan warnt vor Sturz Arafats Der zurückgetretene palästinensische Geheimdienstchef für den Gaza-Streifen, Mohammed Dahlan, hat Israels Führung eindringlich vor dem Sturz Arafats gewarnt. Ein Nachfolger Arafats würde viel radikaler sein, sagte Dahlan der israelischen Tageszeitung "Yediot Aharonot" . Ein neuer palästinensischer Führer werde versuchen, durch "extremere" politische Positionen und mehr Aktionen gegen Israel die Legitimität in den Augen der Palästinenser zu gewinnen. Dahlan machte Israel direkt verantwortlich für die Selbstmordanschläge von Palästinensern. Israel griff Syrien während einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrates in New York scharf an. Syrien unterstütze Gewaltakte gegen israelische Bürger, sagte der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Yehuda Lancry. Auch die USA forderten Syrien indirekt auf, gegen terroristische Gruppen vorzugehen. Syrien hat derzeit die Präsidentschaft des Weltsicherheitsrates inne.(APA/Reuters/AP/ITAR-TASS)