Geschlechterpolitik
Kandidatur einer Frau "unislamisch"
Massuda Jalal, Bewerberin fürs PräsidentInnenamt, wurde ein Verzicht nahegelegt - Karsai zum Präsidenten gewählt
Kabul - Mit überwältigender Mehrheit hat die Loya Jirga
in Afghanistan am Donnerstag Hamid Karsai, den Chef der bisherigen
Übergangsregierung, zum künftigen Staatspräsidenten gewählt. Karsai
erhielt 1.295 der rund 1.550 Stimmen. Karsai galt schon vor Beginn der
Wahl als klarer Favorit. 1.050 und damit fast zwei Drittel der
Delegierten hatten mit ihrer Unterschrift seine Kandidatur für das
Amt des Staatspräsidenten unterstützt. Neben Karsai wurden für die
Wahl in geheimer Abstimmung Massuda Jalal, eine Mitarbeiterin des
UNO-Welternährungsprogramms, und Mir Mohammed Mahfus Nadai
zugelassen. Jalal erhielt 171 Stimmen, der dritte Mahfus Nadai 89.
Verzicht nahegelegt
Die einzige weibliche Bewerberin für das Präsidentenamt wurde im Vorfeld der Wahl
offenbar zu einem Verzicht auf ihre Kandidatur gedrängt worden. Für
den Fall eines Rückzugs sei ihr ein Kabinettsposten in der künftigen
Regierung in Aussicht gestellt worden, sagte Massuda Jalal am
Donnerstag in Kabul. "Mein Mann hat mir von dem Angebot erzählt, aber
wir werden nicht akzeptieren." Ein solcher Handel sei bei einer
demokratischen Wahl "nicht annehmbar", bestätigte ihr Ehemann,
Faisullah Jalal.
Nach Berichten von AugenzeugInnen hatte der afghanische
Verteidigungsminister Fahim Kasim den Ehemann und Sprecher Jalals
gedrängt, seiner Ehefrau einen Verzicht nahezulegen, da die
Kandidatur einer Frau "unislamisch" sei.
Der amtierende
Regierungschef soll Afghanistan nun bis zu demokratischen Wahlen 2004
führen. In den kommenden Tagen soll die Große Ratsversammlung eine
neue Regierung bestimmen.
(APA/Reuters)