Im Grunde aber, meint der deutsche Dirigent, der für die Staatsoper zum Mann fürs Moderne geworden ist, sei das Team der Uraufführung des Riesen vom Steinfeld sehr produktiv unterwegs. Die Partitur von Friedrich Cerha war rechtzeitig fertig (Boder: "auch dem Verlag ist zu danken"), der Komponist ist bei vielen Proben dabei, mache sich Notizen - da hat Boder schon ganz andere Uraufführungssituationen erlebt:
"Krzysztof Penderecki etwa war bei den Proben nicht dabei, weil er noch damit beschäftigt war, sein Stück fertig zu schreiben. Wir haben schon geprobt, da kamen die Partiturseiten nach und nach aus dem Hotel mit dem Taxi ins Theater. Ein Wahnsinn! Als Rechtfertigung meinte er, bei Mozarts Don Giovanni sei das ja auch nicht anders gewesen . . ."
Natürlich ändere auch Friedrich Cerha da und dort Kleinigkeiten. Spieltechnische Vorschriften, leichte Uminstrumentierungen, "um die gewünschte Plastizität" zu erreichen, seien manchmal nötig. "Und manche Stelle wurde auch gekürzt, nachdem sie den Interpreten zu lang schien." Die Oper würde, so Boder, keine zwei Stunden dauern - und ohne Pause durchgespielt werden.
Das Eigengewicht
"Für mich erschließt sich vieles schon beim Partiturlesen. Durchspielen am Klavier ist gefährlich, da man falsche Klangvorstellungen entwickeln kann. Ich muss in die Rolle des Komponisten schlüpfen, als er den Text bekommen hat. Später korrigiere ich die Vorstellungen bei den Proben, ich sehe, welches Eigengewicht der Orchesterapparat selbst entgegensetzt."
In gewisser Weise sei das Stück den Philharmonikern auf den Klangleib geschrieben. Extras gibt es im Schlagwerkbereich, auch ein Saxophon kommt zum Einsatz. Aber ansonsten "kann man nicht sagen, dass hier die moderne Musik neu erfunden wurde. Darum ging es auch gar nicht. Die Musik kommt einem direkt entgegen, das will sie auch, ohne sich einzuschmeicheln. Man muss sie aber nicht zehnmal hören, um sie zu verstehen."
Der Riese vom Steinfeld ist polystilistisch organisiert, "facettenreich in den Klangbildern. Vieles erinnert an andere Musik - ohne zu kopieren", meint Boder und ergänzt: "Es hat eine boshafte Volkstümlichkeit, hat eine ganz eigene Sprache gefunden und könnte durchaus im Repertoire seinen Platz finden. Es ist gar nicht so eindeutig, was da erzählt wird." Seine Rolle als Dirigent einer Uraufführung sieht Boder als die eines Geburtshelfers.