Wien - Auch die Wiener Ärztekammer macht nun Druck auf ihren obersten Standesvertreter Otto Pjeta. Wie berichtet, wird es freitags am Kammertag gegen den österreichischen Ärztepräsidenten ein Misstrauensvotum geben. Der Grund ist das geplante Gruppenpraxenmodell in Oberösterreich, das Pjeta als OÖ-Kammerpräsident mit der Landeskrankenkasse abgesegnet hat. Dessen Regelungen werden kritisiert - beispielsweise die Begrenzung der Patientenzahlen. Pjeta torpediere dadurch den mit der Sozialversicherung in Aushandlung befindlichen österreichischen Rahmenvertrag, heißt es. Die Kurien der niedergelassenen Ärzte aus Wien und Niederösterreich werden Pjeta das Misstrauen aussprechen. Sollte der Kammerchef - obwohl seine Legislaturperiode noch ein knappes Jahr andauert - zurücktreten, wäre sein aussichtsreichster Nachfolgekandidat der steirische Ärztekammerpräsident Wolfgang Routil. Der verschanzte sich gestern hinter seiner Presseagentur, die dazu "kein Kommentar" verlauten ließ. Sollte sich niemand finden, müsste der Salzburger Ärztechef und Pjeta-Stellvertreter Reiner Brettenthaler in die Bresche springen. Er, der diese Funktion ursprünglich sogar anstrebte, hat mittlerweile internationale Ämter übernommen, sein Interesse wird bezweifelt. Brettenthaler weilte gestern - unerreichbar - bei einem Kongress in London. Manche wollen die hochgehenden Wogen wieder glätten: So meinte Jörg Hofmann, Referent für Öffentlichkeitsarbeit in der Wiener Ärztekammer: "Das, was vorliegt, ist sicher kein Grund, den amtierenden Präsidenten aus seinem Amt zu entfernen." (DER STANDARD, Printausgabe, 12.6.2002)