Inland
DÖW-Anzeige gegen den "Eckart" wegen Wiederbetätigung
Organ der Österreichischen Landsmannschaft stellte Massaker im italienischen Ort Marzabotto in Abrede
Wien - Wegen des Verdachts der Wiederbetätigung hat das
Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) jetzt
Anzeige nach dem Verbotsgesetz gegen das Organ der Österreichischen
Landsmannschaft (ÖLM) "Der Eckart" (früher "Eckartbote") erstattet.
Den Tatbestand erfüllt nach DÖW-Ansicht ein Zitat auf Seite fünf der
jüngsten Ausgabe: "Experten sind sich nun sicher, dass es das
,Massaker von Marzabotto' (Italien) nicht gegeben habe und der
unschuldig verurteilte, inzwischen verstorbene Major Walter Reder
dort nie gewesen sei." Nach Ansicht des wissenschaftlichen Leiters des DÖW, Wolfgang
Neugebauer, wird damit "ein nationalsozialistisches Verbrechen
geleugnet", wie es in der Anzeige an die Staatsanwaltschaft heißt.
Beim Massaker von Marzabotto wurden laut der von Wolfgang Benz,
Hermann Weiß und Hermann Graml herausgegebenen "Enzyklopädie des
Nationalsozialismus" im September 1944 von u.a. Einheiten der 16.
SS-Panzergrenadier-Division der Ort und einige der umliegenden Dörfer
zerstört. "Nach italienischen Angaben kamen insgesamt 1.830
Zivilisten (Männer, Frauen und Kinder) in den Flammen der Häuser um
oder wurden erschossen", heißt es weiter.
Ein italienisches Militärgericht verurteilte Walter Reder, den
Kommandeur der Einheit zu lebenslanger Haft. 1985 wurde er begnadigt
und kehrte nach Österreich zurück. Dabei kam es zu dem
berühmt-berüchtigten Handschlag mit dem damaligen
FPÖ-Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager.
Neugebauer betont in der Anzeige, dass dieses Verbrechen "in der
seriösen historischen Fachliteratur bis heute nicht bezweifelt wird".
Der DÖW-Leiter weiter: "Bei den von der Zeitschrift 'Der Eckart'
nicht näher genannten 'Experten' handelt es sich mutmaßlich um
rechtsextreme Geschichtsfälscher wie z.B. Lothar Greil ('Die Lüge von
Marzabotto')."
Laut DÖW-Homepage bekommt der Fall "politische Brisanz (...) durch
die Nähe der ÖLM zur FPÖ: Mit Johann Herzog, Helmut Kowarik und
Bärbel Schöffnagel gehören gleich drei Wiener FPÖ-PolitikerInnen zu
den führenden FunktionärInnen der ÖLM".
Das Dokumentationsarchiv berichtet zudem über den
"Schulvereinstag" der ÖLM am 13. Mai, bei welchem Günther Nenning die
Festrede gehalten habe. Als Gäste seien unter anderen die
FPÖ-Politiker Hilmar Kabas und Barbara Rosenkranz gesehen worden.
Grüße hätten unter anderen gesandt: die FPÖ-Politiker Vizekanzlerin
Susanne Riess-Passer, Justizminister Dieter Böhmdorfer,
Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Gesundheitsminister Herbert Haupt,
Staatssekretärin Mares Roßmann, Wilhelm Brauneder, Gerulf Stix, der
Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, von der ÖVP NÖ-Landeshauptmann
Erwin Pröll und OÖ-Landeshauptmann Josef Pühringer, von der SPÖ der
Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreter Peter Ambrozy.
Der "Eckartbote" wurde mit der Juni-Ausgabe in "Der Eckart"
umbenannt. Schriftleiter ist nach wie vor Helmut M., der auch als
Autor im Organ der mit dem Verbot bedrohten deutschen NPD, der
"Deutschen Stimme", fungiert. Dort schrieb er im vergangenen Herbst:
"Von Palästina bis Afghanistan stehen imperialistisches Machtstreben
und nationalzionistische Politik gemeinsam an der Wiege der für
permanente Unruhen nötigen Ausgangsbedingungen." Laut DÖW ist er auch
bei Schulungsveranstaltungen für NPD-Mitglieder in Deutschland
aufgetreten.(APA)