Rom - Westeuropäische Zeitungen befassen sich am Montag mit dem Ausgang der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen. Der Tenor der Kommentare lautete dahingehend, dass sich nun auch Frankreich politisch nach rechts bewegt."La Repubblica": Le Pen wird kleiner "Der rechte Wind, der über Europa weht, hat auch Frankreich erfasst. Aber es handelt sich um einen gemäßigten Wind. Gleichzeitig ist nämlich die extreme Rechte neutralisiert und eingedämmt worden. Le Pen, der schwarze Mann, ist kleiner geworden. So weit, dass er nicht allzu sehr den zweiten Durchgang wird stören können. (...) Die niedrige Wahlbeteiligung, die bei den Präsidentschaftswahlen Le Pen begünstigt hatte, hat sich bei den Parlamentswahlen für ihn als schädlich erwiesen. Das geringe Interesse für die Politik hat den Champion der Anti-Politik getroffen. Durch die Ausgrenzung Le Pens (...) gehört das französische Kabinett zu jenen Mitte-Rechts-Regierungen, die den Populismus ablehnen." "Tages-Anzeiger": "Der Rechten winkt der Sieg" "Le Pen ritt einmal mehr eine Attacke gegen das "antidemokratische" Wahlsystem, das die Rechte wie die Linke dazu missbrauchten, um den Einzug von Front-Vertretern ins Parlament zu verhindern. Tatsächlich dürften Le Pens Kandidaten im zweiten Wahlgang lange nicht jenes Störpotenzial entwickeln können, das man ihnen nach den Präsidentenwahlen vorhersagte. Das liegt nicht zuletzt an der mageren Wahlbeteiligung. Nur 64 Prozent gingen an die Urne, was, seit in Frankreich gewählt wird, ein Rekordtief darstellt. Diese Gleichgültigkeit überrascht. Nach dem 21. April, als Le Pen triumphierte, war das Land geradezu geschockt. Ein Ruck ging durch die Bevölkerung, zu Zehntausenden gingen vorab junge Leute auf die Straße, und allgemein herrschte der Eindruck vor, eine Renaissance staatsbürgerlichen Geistes werde die Wählerinnen und Wähler am 9. Juni zur Urne treiben. Die niedere Beteiligung hat zur Folge, dass es für die Kandidaten viel schwieriger sein wird, in die zweite Runde zu kommen." "El Mundo" (Madrid): Eine neue Ära "Wegen der niedrigen Wahlbeteiligung sah es in Frankreich zunächst so aus, als könnte die Nationale Front einen hohen Stimmenanteil gewinnen. Aber dann kam es doch anders. Die demokratische Rechte feierte einen großen Triumph, und die Linke ging unter. Die Kommunistische Partei erlebte ihren endgültigen Zusammenbruch. Die führungslosen Sozialisten gaben ein so trostloses Bild ab, dass deren Wähler lieber aufs Land fuhren. Die Anhänger von Jacques Chirac stehen nun vor der absoluten Mehrheit im Parlament. Es wäre nur zu wünschen gewesen, wenn diese neue Ära in Frankreich von einem anderen Politiker angeführt würde als von einem Präsidenten, der wegen korrupter Praktiken unter Verdacht steht." "De Volkskrant": Ende der Erstarrung "Es sieht danach aus, dass der im vorigen Monat von Präsident Chirac ernannte Ministerpräsident Raffarin im Amt bleiben kann und dass die von rechts wie von links abgelehnte "Kohabitation", die erzwungene Zusammenarbeit zwischen einem in diesem Fall rechten Präsidenten und einer linken Regierung, zu Ende geht. Dies kann die Phase der Erstarrung beenden, die über der französischen Politik lag. Es bedeutet aber auch, dass die Rechte der auch unter französischen Wählern stark vorhandenen Unzufriedenheit in Fragen der Sicherheit des Bürgers und in der Einwanderungspolitik mit eigenen Vorstellungen begegnen muss. (...) Die französischen Sozialisten werden wie ihre Geistesverwandten in anderen europäischen Ländern die Zeit in der Opposition gut gebrauchen können, um zu ergründen, wie sie ihre Macht verspielt haben." (APA/dpa)