Orlando - Am Donnerstag wurde in Orlando, Florida, der 33-jährige R-&-B-Sänger Robert Kelly alias R. Kelly gegen eine Kaution von 750.000 Dollar und dem Versprechen, keinen Kontakt mit Minderjährigen, die nicht mit ihm verwandt sind, zu suchen, aus der Untersuchungshaft entlassen.

Dem mehrfachen Grammy-Preisträger (I Believe I Can Fly) wird vorgeworfen, in den Jahren 1998 bis 2000 mit zumindest einer Minderjährigen Sex gehabt zu haben. Aufgetaucht sind diese Vorwürfe, als im Februar der Chicago Sun-Times ein halbstündiges, angeblich von Kelly selbst aufgenommenes Video zugespielt wurde, das den Sänger beim Sex mit der 14-jährigen Tochter eines ehemaligen Mitarbeiters zeigen soll. Mittlerweile kursiert das Video im Internet und auf der Straße. Im Bundesstaat Illinois sind geschlechtliche Beziehungen zu unter 17-Jährigen verboten. Der Strafrahmen beträgt bis zu 15 Jahre Haft.

R. Kelly, der in Florida zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern luxuriös lebt, beteuert seine Unschuld. Dem stehen, laut untersuchendem Staatsanwalt, rund 50 Aussagen gegenüber, die die Authentizität des Bandes bestätigen.

Schon öfter war der in Chicago Geborene mit ähnlichen Anschuldigungen konfrontiert. Im März diese Jahres soll er sich mit Tracy Sampson über einen nicht näher genannten Betrag geeinigt haben, der sie ihre Vorwürfe, Kelly hätte sie 1998 als 17-jährige Praktikantin bei Epic Records verführt, zurücknehmen ließ.

1998 soll Kelly einen kolportierten Betrag von 250.000 Dollar an Tiffany Hawkins bezahlt haben, die ihn beschuldigte, sie als 15-Jährige zu einer Orgie mit anderen Teenagern verleitet zu haben. Erstmals kam Kelly diesbezüglich in die Schlagzeilen, als er 1994 die heuer bei einem Flugzeugabsturz verunglückte Sängerin Aaliyah geheiratet hatte.

Aaliyah war damals gerade 15 Jahre alt. Als ihre Eltern davon erfuhren, wurde die Ehe annulliert, beide Künstler haben sich dazu nie öffentlich geäußert. Der Musiksender MTV hat in einer ersten Reaktion alle R.-Kelly-Videos aus seinem Programm genommen - "auch wenn", wie man sich beeilte hinzuzufügen, "für den Künstler die Unschuldsvermutung gilt".

Der bislang das meiste Aufsehen erregende Fall dieser Art ereignete sich 1993, als dem selbst ernannten "King of Pop", Michael Jackson, Kindesmissbrauch vorgeworfen wurde. Ein für Jackson demütigender öffentlicher Prozess folgte und endete damit, dass sich die beiden Prozessparteien außergerichtlich einigten. Für eine kolportierte Summe von fünf Millionen Dollar ließen damals die Eltern des Knaben die Anklage fallen.


(DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2002)