Geschlechterpolitik
"Wendepunkt für Afghanistans Frauen"
UNO-Beraterin Serur hält elf Prozent Frauenanteil bei Loja Dschirga für ausreichend
Kabul - Rund 200 Frauen sind unter den
1501 Delegierten der Loja Dschirga, der Großen
Staatsversammlung, die am Donnerstag Hamid Karsai zum Staatspräsidenten gewählt hat. In der Folge wurde Karsai nach langem Tauziehen vor der Großen Ratsversammlung in Kabul als neuer Präsident vereidigt. Damit ist Karsai Übergangspräsident bis zu regulären Wahlen,
die in anderthalb Jahren stattfinden sollen. Die Loya Jirga wurde mit
der Amtseinführung Karsais offiziell beendet.
"Entscheidend sind die Eigenschaften der Frauen"
"Viele Menschen im Ausland denken, 'nur elf Prozent (der
Delegierten) sind Frauen, es sollten 30 Prozent sein'", sagte
Fatiha Serur, Beraterin der Vereinten Nationen (UNO), am Freitag. Doch nicht die Zahl der Frauen sei entscheidend,
sondern ihre Eigenschaften. "Es ist besser, mit elf Prozent
anzufangen und diese Basis dann auszubauen und zu festigen",
sagte Serur. Allein die Erfahrung, an einem nationalen
Entscheidungsprozess teilzunehmen, sei ein Wendepunkt für die
Frauen. Sie waren unter der Herrschaft der radikal-islamischen
Taliban grundlegender Bürgerrechte beraubt.
Sie hoffe, dass die Frauen in der Loja Dschirga die Bildung
der Regierung beeinflussen und ihre Rechte im neuen Afghanistan
sicherstellen könnten. "Die Frauen sehen dies zweifellos als
ihre große Chance an", sagte Serur. Es geschehe selten, dass man
ihre Stimmen höre. So beginne der Prozess, in dem die Frauen
ihre Erwartungen, Bedürfnisse und Vorschläge vorbringen könnten.
Unter der Herrschaft der Taliban, die durch die von den USA
geführte Offensive gestürzt wurden, waren die Frauen ans Haus
gebunden. Sie durften nur mit dem Ganzkörperschleier, der Burka,
verhüllt auf die Straße gehen. Mädchen war der Schulbesuch
verboten. Nach dem Sturz der Taliban im Dezember erhofften sich
viele Frauen den Beginn einer neuen Freiheit. Doch in den tief
konservativen Regionen ließ der Ausgang der Wahlen für die Loja
Dschirga nichts Gutes für die Gleichberechtigung der Frauen
ahnen.
(Reuters)