Bühne
Claus Peymann feiert seinen 65er
Zwischenbilanz eines Theatermachers nach vollendeter "Königsetappe"
Wien - In Berlin ist es eindeutig ruhiger um ihn geworden.
Claus Peymann, der es in den 13 Jahren seiner Direktion am
Burgtheater (1986-99) spielend schaffte, mit Inszenierungen,
Interviews oder auch nur kurzen Statements zum
Stadtgespräch zu werden, wird als Intendant des Berliner Ensembles
nicht so sehr als Stein des Anstoßes empfunden wie einst in Wien. Am
7. Juni wird der Theatermacher 65.Werdegang
Claus Peymann wurde am 7. Juni 1937 in Bremen geboren. Von 1966
bis 1969 arbeitete er als Oberspielleiter am Theater am Turm (TAT) in
Frankfurt, wo er u. a. Peter Handkes "Publikumsbeschimpfung" (1966),
"Kaspar" und "Das Mündel will Vormund sein" sowie Gerlind Reinshagens
"Doppelkopf" zur Uraufführung brachte. 1971 gründete er zusammen mit
Peter Stein die neue Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin. Er
inszenierte dort u. a. die Uraufführung von Handkes "Ritt über den
Bodensee" (1971).
Ab 1974 war Peymann als Schauspieldirektor an den
Württembergischen Staatstheatern in Stuttgart tätig und machte hier
mit seinen Klassikerinszenierungen ("Räuber", "Käthchen von
Heilbronn", "Faust I und II", "Iphigenie") von sich reden. Mit den
Uraufführungen von Thomas Bernhards "Der Präsident" (1975) und
"Minetti" (1976) sowie Reinshagens "Himmel und Erde" unterstrich er
seinen Ruf, ein dem Zeitgenössischen zugewandter, risikofreudiger
Regisseur zu sein. Als Gastregisseur inszenierte er u.a. die
Uraufführungen von Bernhards "Ein Fest für Boris" (1970, Hamburg),
"Der Ignorant und der Wahnsinnige" (1973, Hamburg) und
"Jagdgesellschaft" (1974, Burgtheater). 1977 sorgte die Sammlung von
Spenden für die zahnärztliche Behandlung von
Baader-Meinhof-Häftlingen für Aufregung. Peymann verzichtete
daraufhin auf eine Verlängerung seines Stuttgarter Vertrages und trat
die Leitung des Schauspielhauses in Bochum an, das sich unter seiner
Leitung 1979-86 nach Meinung der Fachkritik zu einem der besten
Theater in Deutschland entwickelte.
Wiener Jahre
Die Burgtheater-Direktion in der Nachfolge Achim Bennings begann
Peymann 1986 mit eigenen Regie-Arbeiten: Thomas Bernhards
"Theatermacher" und "Ritter, Dene, Voss", die zuvor bereits bei den
Salzburger Festspielen zu sehen waren, sowie Lessings "Nathan" und
Büchners "Leonce und Lena". Den absoluten Höhepunkt erreichten die
Auseinandersetzungen um das Burgtheater unter der Führung Peymanns
mit der Uraufführung des Bernhard-Stücks "Heldenplatz" (1988). Diese
Peymann-Inszenierung war die umstrittenste Uraufführung an der Burg
seit Jahrzehnten, die bei der Premiere in einen Triumph mündete und
mit 120 Vorstellungen zur meistbesuchten Aufführung der
Direktionszeit Peymanns wurde, der seine Wiener Ära die
"Königsetappe" seiner Karriere bezeichnete.
252 Premieren, darunter 51 Uraufführungen, kamen unter Peymann,
der den Autoren Handke und Bernhard stets ebenso die Treue hielt wie
Peter Turrini und Elfriede Jelinek, am Burgtheater heraus - und nicht
immer fanden die spektakulärsten Aktionen dieser Zeit auf der Bühne
statt. So sorgte ein "Zeit"-Interview für mehr Wirbel, als es die
meisten Aufführungen vermochten.
Lust an Auseinandersetzung erhalten
Seit Beginn der Spielzeit 1999/2000 leitet Peymann das Berliner
Ensemble (BE), das einstige Brecht-Theater am Schiffbauerdamm.
Künstlerisch von wechselnden Hochs (etwa "Richard II." mit Michael
Maertens) und Tiefs (anlässlich der Verrisse seiner Inszenierung von
"Nathan der Weise" konstatierte er "das vollständige Scheitern der
gesamten deutschen Theaterkritik") geprägt, hat Peymann auch in
Berlin die Lust an Auseinandersetzungen mit der örtlichen Politik
nicht verloren. An seinem Geburtstag steht übrigens wieder einmal
"Der Theatermacher" auf dem Programm des BE. Es ist die 141.
Vorstellung. Und anschließend wird zum "öffentlichen Anschnitt von
Peymanns Geburtstagstorte im Hof" eingeladen. (APA)