Deutschland
FDP stellt Möllemann ein Ultimatum
Ausschluss von Abgeordnetem Karsli aus der Fraktion bis Montag gefordert
Der breite Protest zeigte Wirkung: FDP-Chef Guido Westerwelle stellte am Mittwoch
seinem Stellvertreter Jürgen
Möllemann ein Ultimatum
von fünf Tagen für den Ausschluss des früheren grünen
Abgeordneten Jamal Karsli
aus der nordrhein-westfälischen Landtagsfraktion. Der
Parteilose Karsli müsse die
Fraktion bis Montag verlassen,
sonst könne Westerwelle
nicht mehr mit Möllemann
zusammenarbeiten, hieß es in
der Erklärung. Zuvor hatte
Bundestagsfraktionschef
Wolfgang Gerhardt Möllemann parteischädigendes
Verhalten vorgeworfen.Der Landesvorstand der
nordrhein-westfälischen FDP
war am Montagabend mit großer Mehrheit Möllemanns
Kurs gefolgt, der damit Karslis
Verbleib in der FDP-Fraktion
durchgesetzt hatte. Daraufhin
war Westerwelle auch intern
Führungsschwäche vorgeworfen worden. Der syrischstämmige Politiker Karsli hatte Israel unter anderem "Nazi-Methoden" im Umgang mit den
Palästinensern vorgeworfen.
Möllemann hatte mit seiner
Aussage, Juden wie der Vizevorsitzende des Zentralrats
der Juden in Deutschland, Michel Friedman, seien am Antisemitismus mitschuld, die
Debatte angeheizt.
Westerwelle selbst bekräftigte das Werben um Wähler
am rechten Rand. "Uns ist jeder willkommen, der seinen
Frust in konstruktives politisches Verhalten umsetzen
will", sagte der FDP-Chef laut
einer Vorabmeldung in einem
Interview mit dem Magazin
Stern. "Wenn wir verhindern
wollen, dass Figuren wie Le
Pen oder Haider bei uns Erfolg
haben, dann müssen sich die
demokratischen Parteien erneuern. Wir tun es."
Westerwelle schätzt das Potenzial von Protestwählern,
das die FDP bei der Bundestagswahl im September erreichen könnte, auf 25 Prozent.
Deswegen sei das Wahlziel
von 18 Prozent auch realistisch. Dieses Ziel hatte Westerwelles Vize Jürgen Möllemann als Devise ausgegeben.
An einer Anti-Möllemann-
Demonstration, zu der die Jüdische Gemeinde in Berlin
aufgerufen hatte, beteiligten
sich am Mittwochnachmittag
mehrere Hundert Teilnehmer. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 6.6.2002)