Wien - Die Affäre des FC Tirol rückt neben den von den Gerichten zu klärenden mutmaßlichen persönlichen Verfehlungen des Managers Robert Hochstaffl, des Expräsidenten Martin Kerscher und des Präsidenten Othmar Bruckmüller strukturelle Fragen auf. Das Lizenzierungsverfahren ist zwar nicht nichts, denn es erlaubt die Prüfung der Vereinsbudgetplanungen laut vorliegender Papiere, allerdings sind die Maßnahmen, auch nach dem Urteil des Vorsitzenden der Liga-Kommission, Franz Lauer, zu langatmig und zu milde.

"Der FC Tirol hat eine kontinuierliche Entwicklung vollzogen", sagt Liga-Vorstand Reinhard Nachbagauer, "er wurde empfindlich gestraft, es wurde ein externer Revisor eingesetzt, es wurde gewarnt. Aber man muss heute sagen, es hat alles nichts genützt."

Nachbagauer will über Tirols Lizenz am Donnerstag urteilen, der Klub meinte am Montag zwar, die aufzubringenden 4,5 Millionen EURO aufgestellt zu haben, aber die Liga war anderer Meinung. Nachbagauer: "Es geht klar in Richtung keine Lizenz für den FC Tirol." Also wird die Admira oben bleiben, deren Präsident Hans-Werner Weiss, der den Tirolern wiederholt Wettbewerbsverzerrung vorwarf, wollte im Schock über die neueste Entwicklung keine Stellung nehmen. Sturm und GAK dürfen Champions- League-Quali spielen, die Austria und FC Kärnten werden in den UEFA-Cup streben.

Erhält der FC Tirol keine Lizenz für die Bundesliga, muss er in die Regionalliga West absteigen. Radoslav Gilewicz scheint am Montag im letztmöglichen Augenblick zu Austria gewechselt zu sein, am Dienstag hätten die Wiener wohl kein Geschäft mit den Innsbruckern mehr machen wollen (oder können).

Da der FC Tirol offenbar massive Schulden beim Finanzamt hat, stellt sich auch die Frage des "Drittschuldners" Bundesliga. Denn aufgrund der "kontinuierlichen Entwicklung" ist durchaus zu fragen, ob die Finanzer oder andere Gläubiger auf TV- oder Sponsorgelder zugreifen können? Durften die Vertragspartner in Kenntnis der prekären Lage des Vereins ihre Zahlungen ohne weiteres leisten, ohne ihre Verpflichtungen den Gläubigern des Vertragspartners gegenüber zu vernachlässigen?

Nachbagauer sagt ja, denn "die TV-Gelder erwirtschaftet ja sozusagen der Verein, nicht die Liga". Auch eine Verschärfung der Lizenzierungsbestimmungen nach dem Vorbild Deutschlands entreißt ihm auch keinen Jubel, denn "dort sind die wirtschaftlichen Umstände einfach unvergleichlich besser". (josko, DER STANDARD-Printausgabe 5.6. 2002)