Luxemburg/Wien - Mit dem Beschluss des Ministerrats in Luxemburg ist das 6. Rahmen- programm der EU für die Forschung unter Dach und Fach. 17,5 Mrd. Euro werden demnach bis 2006 aus dem EU-Budget in Forschungsprojekte fließen. Das Volumen ist damit um 17 Prozent größer als jenes des heuer auslaufenden 5. Programms und entspricht knapp vier Prozent des Gesamthaushalts der EU.Österreich hat als einziges EU-Land gegen das Programm gestimmt, weil es Vorbehalte gegen die darin vorgesehene Möglichkeit der Förderung von embryonaler Stammzellenforschung geltend macht. Deutschland enthielt sich aus demselben Grund der Stimme. Damit gab es für das Programm dennoch die notwendige qualifizierte Mehrheit. Österreich hatte im vergangenen Dezember noch gefordert, dass im Programm überhaupt keine Stammzellenforschung gefördert werden dürfe. Unterdessen hat die von der Regierung eingesetzte Bioethik-Kommission ein bedingtes Ja zur Stammzellenforschung empfohlen. Eine Erörterung dieser Bedingungen sei aber vor dem Beschluss des Rahmenprogramms nicht ausreichend erfolgt, sondern vielmehr auf die erst im Herbst anstehende Konkretisierung des Rahmenprogramms in "spezifischen Programmen" verwiesen worden. Deshalb habe Österreich mit Nein gestimmt, erklärte der Chef der Forschungssektion im Wissenschaftsministerium, Raoul Kneucker. Ob diese Haltung negative Auswirkungen auf die Beteiligungsmöglichkeiten österreichischer Forscher haben werde, wie dies etwa die Industriellenvereinigung befürchtet, lasse sich im Voraus nicht abschätzen, sagte Kneucker zum STANDARD: "Das Nein ist natürlich schon eine starke Geste, aber in ähnlichen Fällen gab es für andere Länder nur vorübergehende Effekte." Immerhin stellt das 6. Rahmenprogramm schon durch seine völlig neuen Instrumente die heimischen Forscher vor große Herausforderungen. Es ist ausgerichtet auf große strategische Schirmprojekte mit einem Volumen von bis zu 100 Millionen Euro, in denen sich die Konsortien auf große Themen konzentrieren sollen. In den bisherigen Programmen, an denen Österreich beteiligt war, schnitten die heimischen Forscher recht gut ab. Im 4. Programm (1994/98) konnten 192 Millionen Euro an Förderzusagen eingefahren werden, im auslaufenden fünften wird mit 220 bis 250 Millionen Euro gerechnet, womit man bei der Rückflussquote zuletzt fast an die 2,5 Prozent herankam, die Österreichs Beitrag zum EU-Budget entsprechen. Prioritätsachsen Das Gros der Mittel des neuen Programms verteilt sich auf sieben Prioritäten, darunter etwa "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie" mit einem Volumen von 2,3 Milliarden Euro oder "Technologien für die Informationsgesellschaft" mit 3,6 Milliarden Euro. Die Prioritäten haben sich in den Programmen seit 1984 deutlich verschoben: "Energie" verlor als Thema ebenso an Bedeutung wie "Information und Kommunikation". Deutlich stärker gewichtet wurden "Life Sciences" und vor allem die Förderung der Ausbildung von Forschern. (jost, ina, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4. 6. 2002)