Waldshut-Tiengen - Im Streit um seinen noch unveröffentlichten Roman "Tod eines Kritikers" hat der deutsche Schriftsteller Martin Walser der Literaturkritik unmenschliche Züge und Machtstreben vorgeworfen. "Die deutsche Literaturkritik ist inhuman geworden", sagte Walser am Sonntag in Waldshut-Tiengen (Baden-Württemberg), wo ihm der alemannische Literaturpreis 2002 verliehen wurde. Auf die Forderung des Kritikers Marcel Reich-Ranicki, Walsers Roman dürfe nicht gedruckt werden, reagierte er gelassen: "Dieser Mann ist so an die Machtausübung gewöhnt, dass er diese Gelegenheit nicht unterlassen kann".Reich-Ranicki das Vorbild "Wenn der Suhrkamp-Verlag meinen Roman nicht druckt, dann wird es eben ein anderer Verlag tun", sagte Walser. Er räumte ein, dass Reich-Ranicki das Vorbild für seine Romanfigur des jüdischen Starkritikers Andre Ehrl-König ist. Dieser fällt in dem Buch vermeintlich einem Mord zum Opfer. "Mein neuer Roman handelt von der Machtausübung im Literaturbetrieb zur Zeit des Fernsehens", sagte Walser. Sie suche sich willkürlich ihre Opfer, Schriftsteller könnten sich gegen ungerechtfertigte Kritik kaum wehren. "Als die Kritiker noch schreiben mussten, was sie denken, war die Literaturkritik noch humaner." Das Fernsehen habe Kritiker härter und ungerechter gemacht. Bei Hass Fußball Sein Roman sei der Versuch, die jahrelange Kritik Reich-Ranickis an ihm zu verarbeiten, sagte Walser. "Ich habe die Widrigkeiten, die ich erlebe, so umgeschrieben, dass ich sie wieder ertragen kann." Dabei habe er das Stilmittel der Komödie verwendet. Ein "Dokument des Hasses" sei sein Buch nicht. "Ich kann aus Hass nicht schreiben. Wenn ich Hass verspüren würde, dann würde ich Fußball spielen." (APA/dpa)