Während die Aktien der etablierten Märkte in den vergangenen Monaten den Anlegern wenig Freude bereiteten, wuchs ein vernachlässigtes Pflänzchen zu neuer Pracht heran: Die Börsen in den Schwellenländern, den Emerging Markets, aber auch jene der Oststaaten brachten schon im Vorjahr oft zweistellige Zuwachsraten - Tendenz weiter steigend. Das gilt nicht für alle Märkte: In Argentinien ist in der Investmentbranche "out". So meint Dominic Rossi, Manager des Threaedneedle Latin American Growth Fund: "Die Argentinienkrise hat niemanden wirklich überrascht - außer den internationalen Währungsfonds und Argentinien selbst. Wir haben dort kein Geld investiert und haben es auch noch nicht vor." Deutlich mehr Chancen gibt Rossi Brasilien und Mexiko: "Brasilien konnte sich von Argentinien entkoppeln, aber die Börse bleibt bei durchaus attraktiven Unternehmensbewertungen sehr volatil. Die Börse in Mexiko legte im Vorjahr um fast 14 Prozent zu. Inzwischen sind die Zinsen auf historische Tiefststände gefallen, und Kapital strömt zurück ins Land. Das hat die Währung gefestigt." Rossi hat Mexiko daher in seinem Fonds deutlich übergewichtet. Die Konsolidierung der Telekommunikationswerte hält dort an, positiv gesehen werden Telmex und Telefónica. Threadneedle setzt auch auf Asien. Dort wurde zuletzt vor allem in Hongkong und China kräftig investiert. Auf der Kaufliste standen HSBC und China Mobile. Auch Global Asset Management (GAM) setzt auf die Schwellenländer: "Wir bauen unsere Positionen vor allem in Südkorea, Taiwan und Mexiko weiter aus", erläutert GAM-Star-Universal-Manager Venkat Chidambaram. "Diese Länder profitieren besonders von einem Aufschwung in den USA." Schon mehr als zehn Prozent des Aktienfonds sind in Papieren von Schwellenländern angelegt. Restrisiko bleibt Auch JP Morgan hat die Emerging Markets im Visier, mahnt aber gleichzeitig zur Vorsicht: "Zwar ist das Risi- ko nach unten relativ beschränkt, aber Gewinnmitnahmen könnten die Kurse kurzfristig drücken", meint JP-Morgan-Emerging-Markets-Vizepräsident Florian von Hartig. Unter dem Eindruck steigender Ölpreise hat er russische Aktien übergewichtet. Zudem setzt er auf Mexiko, Malaysia, Katar, Algerien, die Philippinen und Südafrika. Weitere Anlagekandidaten mit Kursfantasie: "Ecuador könnte eine Einigung mit dem internationalen Währungsfonds einen Kursschub bringen; in Venezuela hängt die weitere Entwicklung davon ab, ob in der Regierung endlich glaubwürdige Wirtschaftsexperten auftauchen. Der hohe Ölpreis stützt beide Länder." Und Russland habe weiteres Potenzial nach oben - trotz des Anstieges in den vergangenen Monaten. (Reinhard Kremer, DER STANDARD, Printausgabe 3.6.2002)