Du, liebes Theater, magst deine Gliedmaßen verrenken, denn was bleibt, stiften die Dichter. Der bayerische Ersatz-Orpheus Albert Ostermaier reitet in seinem Monolog "Radio noir" auf den Wellen des Äthers. Er schlägt statt der Leier den Laptop. Der stygische Fluss wirft dabei dicke Soundblasen: Die Kulturindustrie leitet ihre Abwässer, den schaumigen Phrasendreck vom riskierten Leben in den urbanen Selbsterlebniszonen, in dieses schnöde Dichten vom behaupteten Ernstfall: ein unentwegt säuselndes, hübsch zeilenumbrechendes, wild zappendes Faseln vom Duster der Nacht. Burg-Dramaturg Wolfgang Wiens hat den Schmonzes in einem Eierkartonstudio "szenisch eingerichtet", komplett mit Berufsjugend-Sound und Wolkenkratzertapete. Dunja Sowinetz gibt die drohend züngelnde Nighttalkerin am News-Stammtisch, für Gelehrte: die Sirene Parthenope, beim Rundruf an die Modernitätsverlierer im Medien-Kiez - Zappen, duster. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28. 5. 2002)