Nahost
Likud - Nationalistische Rechte mit terroristischen Wurzeln
Vor 25 Jahren erste Regierungsübernahme unter Menachem Begin
Jerusalem/Wien - Israels konservativ-nationalistischer
Likud-Block, dessen Zentralkomitee am Sonntag gegen die Errichtung
eines palästinensischen Staates im Westjordanland und Gaza-Streifen
gestimmt hat, entstand 1973 und übernahm nach dem historischen Sieg
bei den Parlamentswahlen vom Mai 1977 erstmals die Regierung. Likud
("Sammlung") war der Zusammenschluss der Herut (Freiheitspartei) von
Menachem Begin mit mehreren Gruppen der Rechten und des Zentrums.
Durch diese Allianz erhielt die bis dahin weitgehend geächtete Herut
als Speerspitze der nationalistischen Rechten mit maximalistischen
Territorialforderungen einen Legitimierungsschub. Der aus Polen stammende Begin, der vor genau 25 Jahren Israels
erster bürgerlicher Ministerpräsident wurde, war seit 1943 Anführer
der rechtsradikalen Untergrundorganisation "Irgun Zwai Leumi"
("Nationale Militärorganisation"), aus der nach der Staatsgründung
die Herut hervorging. Im Gegensatz zur Haganah ("Selbstschutz") , die
später den Kern der israelischen Armee bilden sollte, kämpfte die
Irgun mit terroristischen Mitteln gegen die britische Mandatsmacht in
Palästina. Einer der Höhepunkte war dabei der Anschlag auf das
King-David-Hotel in Jerusalem am 22. Juli 1946, der mehr als hundert
Menschen das Leben kostete. Davon waren 80 britische Offiziere.
Die Irgun verübte auch das Massaker von Deir Yassin am 9. April
1948, mit dem die arabische Massenflucht ausgelöst wurde: Bei einem
Überfall auf die Ortschaft westlich von Jerusalem wurden rund 250
arabische Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder,
niedergemetzelt. Im September 1948 wurden der UNO-Vermittler Graf
Folke Bernadotte, Neffe des schwedischen Königs und Präsident des
Schwedischen Roten Kreuzes, und sein französischer Begleitoffizier in
Jerusalem von jüdischen Extremisten der so genannten "Stern-Bande"
ermordet. Zu den steckbrieflich gesuchten Führern der Terrorgruppe
gehörte der spätere Ministerpräsident und Likud-Chef Yitzhak Shamir,
Nachfolger Begins an der Spitze der Regierung. (47 Jahre sollte es
dauern, bis Israel durch die Stimme von Außenminister Shimon Peres
von der Arbeiterpartei diesen Mord offiziell verurteilte).
1977 gelang es dem Likud, die Arbeiterpartei nach fast drei
Jahrzehnten aus der Regierung zu verdrängen. Begin bildete eine
Koalition unter Einschluss der Nationalreligiösen und der liberalen
Dash-Partei des Archäologen und Ex-Generals Yigal Yadin. Durch
geschicktes Lavieren gelang es Begin, auch ein abtrünniges Zugpferd
der Arbeiterpartei, General Moshe Dayan, zu gewinnen. Eine nicht
weniger schillernde Persönlichkeit in Begins erstem Kabinett war
General Ariel Sharon, Kommandat einer Truppe, die sich im
Yom-Kippur-Krieg 1973 ausgezeichnet hatte. Sharon hatte mit seiner
kleinen Shlom-Zion-Partei zwei Knesset-Mandate erringen können.
Begin schloss unter Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter mit
Ägypten den Separatfrieden von Camp David und forcierte während
seiner sechsjährigen Amtszeit das Siedlungsprogramm in den seit 1967
besetzten Gebieten. Durch Parlamentsbeschluss ließ er - ohne
völkerrechtliche Wirksamkeit - Ostjerusalem und den Golan
annektieren.
Nach der Wahlniederlage gegen die Arbeiterpartei ging der Likud
1984 mit ihr eine Große Koalition ein, die bis 1990 bestand. Bis 1992
führte dann Shamir eine rechtsgerichtete Koalition. Sie verfolgte
einen harten Kurs im Konflikt mit den Palästinensern. Von 1992 bis
1996 war Likud in Opposition gegen die von der Arbeiterpartei unter
Yitzhak Rabin geführte Regierung. Shamir wurde als Parteichef von
Benjamin Netanyahu abgelöst. Als erster Ministerpräsident Israels
wurde Netanyahu 1996 direkt gewählt. Der Nahost-Friedensprozess kam
in seiner Amtszeit fast zum Stillstand. Unter Führung von Netanyahu
verlor Likud im Mai 1999 die Wahlen und musste wieder in die
Opposition. Im September 1999 wurde Sharon zum Likud-Vorsitzenden
gewählt. Im Februar 2001 gewann Sharon die Ministerpräsidentenwahl
haushoch gegen Ehud Barak von der Arbeiterpartei. (APA)